Häuptling Schnitter und sein auf Wölfen reitender Elfenclan leben schon seit Generationen in den Wäldern. Nur die feindseligen, primitiven Menschen werfen ihre Schatten auf das sonst so frohe Leben des Stammes. Bei einem erneuten Schlagabtausch setzen die Erzfeinde der Elfen alles in Flammen und zwingen so die Wolfsreiter ihre geliebte Heimat zu verlassen.

Nach einem langen, kräftezehrendem Marsch treffen sie auf dunkelhäutige Artgenossen, die sich unter ganz anderen Bedingungen entwickelt haben, mit anderen Werten und Bräuchen. Sie finden neue Freunde, aber auch Feinde. Und schlussendlich stellt Schnitter fest, dass auch zwei Elfenvölker noch nicht genug sind, sich vor der allgegenwärtigen Bedrohung durch die Menschen sicher zu fühlen…

Ich mag derbe Comics. Mit brutalen Antihelden und zynischem, satirischem Ton. Ich mag es auch, wenn Grenzen des guten Geschmacks verletzt werden und wenn ganz viel explodiert. Daraus mache ich auch keinen Hehl und es gibt viele tolle und tiefe Comics die trotzdem diesem Anspruch genügen.

Warum also ElfQuest? Warum lese ich über dreihundert Seiten, auf denen spitzohrige, naturverbundene Wesen nach anderen ihrer Art suchen? Wie kann eine Geschichte, bei der Dinge wie Naturverbundenheit und Seelenverwandschaft große Themen sind mich so in ihren Bann ziehen?

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Die Antwort ist simpel – ElfQuest ist unanständig gut. Obwohl Wendy und Richard Pini Häuptling Schnitter und seine Wolfsreiter vor fast vierzig Jahren das erste Mal auf die Reise schickten wirkt alles unglaublich unverbraucht und eindrucksvoll.

Was mich am hier vorliegenden, ersten Band von ElfQuest am meisten fasziniert hat, ist wie unglaublich übezeugend die Mimik jeder einzelnen Figur ist. Auf jedem einzelnen Panel (das sind die Einzelbilder auf einer Comicseite) und aus jeder Distanz liest man den Elfen, Trollen und Menschen jede Nuance von Abscheu, Verzückung und Wut direkt aus dem Gesicht ab. Ich habe mir parallel bewusst ein paar andere, populärere Comics von 1978 angesehen und nicht annähernd die Qualität gefunden, die die damals 27-Jährige Wendy Pini hier vorlegt.

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Aber auch erzählerisch spielt ElfQuest in der ersten Liga. Man kann die bloße Handlung des ersten Bandes ohne engstirnig zu sein schon ein wenig unkreativ finden. Das bringt klassische Fantasy mit klassischen Figuren und Motiven nun einmal mit sich. Aber wer keine ausgewachsene Abneigung gegen Elfen, Trolle und abenteuerliche Reisen hat, der wird nicht anders können als ElfQuest zu lieben.

Würde mir jemand neutral von der Dreiecksgeschichte zwischen Schnitter, Leetah und Rayek erzählen, oder davon dass Heiler „Regen“ die Wunden seiner verletzten Freunde „wegsingt“, wäre mein erster Gedanke sicher nicht, sofort den nächsten Comicladen zu stürmen und mir den ersten Band zuzulegen. Aber alles ist hier so liebevoll und authentisch erzählt, dass ich mitleiden und mitfiebern muss und will. Und mir niemals etwas schnulzig oder pseudo-esoterisch vorkommt.

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ElfQuest wird nun bereits das dritte Mal in Deutschland verlegt. Man bediente sich erneut der sehr guten zweiten Übersetzung, wählte aber erstmals ein etwas verkleinertes Format und entschied sich für die unkolorierten Zeichnungen. Das macht Sinn und fühlt sich richtig an, wenn man weiß, dass ein Großteil der ursprünglichen Veröffentlichungen tatsächlich schwarz-weiß war. Wie man dem sehr ausführlichem und informativem Vorwort entnehmen kann, mag Wendy selbst diese Ursprungsfassung am liebsten.

Mit diesem Band habe ich ElfQuest das erste Mal als Hardcover gelesen. Die sehr gute Qualität, der mit über dreihundert Seiten sehr große Umfang und das dezent verkleinerte Format stehen Der Fantasy-Saga perfekt.

Die folgenden Zeilen sind wirklich so passiert und nicht zur Ausschmückung erfunden – Als ich mein Musterexemplar das erste Mal aufschlug saß ich nachts in meinem Lesesessel am Fenster. Es gab keine Lichtquelle außer meiner Leselampe. Draußen zog gerade ein ordentliches Gewitter auf und es war kein Laut außer dem Rauschen des Windes und der ersten Regentropfen zu hören. Und es begann tatsächlich in genau dem Moment, als ich das Buch aufschlug zu blitzen, donnern und regnen. Da habe ich mich ein Bisschen wie Bastian Balthasar Bux aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ gefühlt und wusste – „Die Abenteuer in der Elfenwelt“ hätten schon immer ein gebundenes Buch sein sollen.

„ElfQuest – Abenteuer in der Elfenwelt – Bd. 1“ ist für sehr günstige 22€ im Onlinestore von Tokyopop, im Comicfachhandel oder im gut sortierten Buchhandel zu bekommen.

Rezensionsmuster – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Tokyopop – Herzlichen Dank!