Splitter schickt die auf drei Bände ausgelegte Vorgeschichte zur im Januar nahenden Hauptreihe in die zweite Runde. Dass die bizarre und originelle Genremixtur trotz noch viel größerer Zugeständnisse an die Welt des Manga nichts von ihrem Charme eingebüßt hat beweise ich euch im neuen Splitter-Review von DeinAntiHeld.de.

Die Wege der ungleichen Zwillingsbrüder Prätorius und Scipio mussten sich trennen. Prätorius, der missgebildet im verarmten Untergrund der Stadt aufwuchs erfüllt sein Schicksal nun gemeinsam mit anderen ausgestoßenen Kindern an der Militärakademie von Rem. Scipio hingegen befindet sich weiterhin in der Obhut ihrer adeligen Mutter und genießt die umfassende, elitäre Ausbildung am Geisterkolleg.  Obwohl Prätorius erheblich unter seinem kalten, erbarmungslosen Sergeant leidet, mausert er sich langsam aber sicher zum Anführer seiner Gruppe. Während er tagsüber seine Kameraden dazu ermutigt füreinander einzustehen und effektiv zu sein, lehrt er sie nachts heimlich lesen und schreiben. Scipio hingegen entwickelt lieber seine eigenen Fähigkeiten, profiliert sich und wächst zu einem intelligenten Wissenschaftler und tödlichen Meta-Gladiator heran. Aber die Brüder vergessen niemals ihre tiefe Freundschaft und das Versprechen ihren Vater und natürlich auch Prätorius Ziehvater zu rächen, auch wenn die beiden Brüder sich viele Jahre nicht sehen können…

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Mit dem zweiten Band der Reihe führt Florent Maudouxs ambitionierter Euromanga seinen Kurs unaufhaltsam fort und das ist gut so. Abgesehen von der wortwörtlich eintönigen aber dabei immer stimmungsvollen Kolorierung treten die Manga-Elemente diesmal noch deutlicher in den Vordergrund. Den Höhepunkt der Japanisierung stellt dabei sicher der Arenakampf zwischen Scipio und seinem freundschaftlichen Rivalen Aelius da, der in stilechtem Schwarzweiß, samt Punktrasterung und mit reichlich Speedlines einen ganz bewussten und toll inszenierten Stilbruch darstellt. Wenn sich die Kontrahenten über der Arena schwebend die Namen ihrer tödlichsten Attacken entgegen brüllen, dann lässt der zweite Band von „Freaks Squeele – Totenfeier“ ganz bewusst das letzte Bisschen Europa hinter sich.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Maudoux die knapp bemessenen 80 Seiten mit gleich drei unterschiedlichen Handlungssträngen füllt. Während der großartig geschilderte, wachsende Wahnsinn ihrer Mutter Luciana noch vom charakteristischen, japanisch-europäischem Stilmix des ersten Bandes zeugt finden die beiden Geschichten der separierten Zwillinge stilistisch fast gänzlich ihren Weg nach Fernost. Das ist aber gar nicht schlimm. Auch wenn ich ganz persönlich der Meinung bin, dass es im Manga einen deutlich höheren, qualitativen Ausschuss als in westlichen Comicproduktionen gibt, deckt sich Florent Maudouxs Auffassung von einem guten Manga und verwertbarer Elemente offenbar sehr mit meiner eigenen. Kichernde Teenie-Dialoge und völlig überzogene Materialschlachten in Dragonball-Manier sind hier nur als augenzwinkernde Reminiszenzen auszumachen. „Totenfeier“ konzentriert sich stattdessen lieber auf die völlig selbstverständliche Schilderung eigentlich sehr bizarrer Situationen und auf die unbeschwerte, humorvolle Darstellung noch so ernster und dramatischer Situationen. Und das ganz ohne dabei albern zu werden. Das sind Manga-Eigenschaften, die mir große Freude bereiten.

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Mit „Freaks Squeele – Totenfeier 2“ gelingt es Florent Maudoux erneut aus einer wirklich wilden Zutatenmixtur ein stimmungsvolles und sehr eigenständiges Extrakt zu gewinnen, dass trotz derber Gewalt und deutlich größerer Offenherzigkeit als im ersten Band eine seltsame, kindliche Unbeschwertheit vermittelt. Auch wenn ich die großartigen, komplexen Ränkespiele der Adelshäuser diesmal ein wenig vermisse, ist das ein Preis den ich gern dafür bezahle die lieb gewonnenen Charaktere des ersten Bandes zu gestanden Persönlichkeiten heranwachsen zu sehen. Ich bin mir ganz sicher, dass Fans der Reihe mit dem nächsten Band ein episches Finale serviert bekommen werden. „Freaks Squeele“ ist der „cosplayende Punkrocker der europäischen Comiclandschaft“ und ein Muss für jeden Manga-Interessierten, der keine Fließbandware lesen will.

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  • Autor – Florent Maudoux
  • Zeichner – Florent Maudoux
  • Einband – Hardcover, Bookformat
  • Seiten – 80
  • ISBN 978-3-95839-085-0
  • Erschienen am –  01.09.2015
  • Preis – 17,80€

Rezensionsexemplar – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Splitter – Herzlichen Dank!