Dass ich ein großer Fan von Harley Quinn, DCs größenwahnsinniger Clownprinzessin bin, das geht klar aus meiner Auswahl an Rezensionen aus dem amerikanischen Verlag vor. Bislang habe ich mich auf DeinAntiHeld.de aber nur mit ihrer modernen Inkarnation befasst. Deshalb freue ich mich besonders, Euch heute einmal die ursprüngliche Harley Quinn näher vorstellen zu dürfen. Direkt aus der fantastischen Welt der von Paul Dini und Bruce Timm erschaffenen „Batman Animated Series“.

Ende der achtziger Jahre erblickte mit der legendären „Batman Animated Series“ eine der Inkarnationen des dunklen Ritters das Licht der Welt, die für viele Fans auch heute noch ein absolutes Highlight unter den zahllosen Interpretationen der mittlerweile 76 (!) Jahre alten Comic-Ikone ist. Die Fusionierung der klassischen, bunten „Golden“ und „Silver Age“-Geschichten mit der düsteren und modernen Filmfassung von Tim Burton strahlt auch heute noch unvergleichlich viel Klasse und Atmosphäre aus. Harley Quinn, die Freundin und Handlangerin des wahnsinnigen Jokers hatte ihren ersten Auftritt auf dieser dankbaren Bühne. 1994 schufen Dini und Timm mit „Mad Love“ einen Harley-zentrierten Comic, der nicht nur einen „Eisner Award“ für die beste Einzelausgabe erhielt, sondern von vielen Kritikern zurecht als eine der besten Batman-Stories gehandelt wird. Obwohl oder gerade weil  der dunkle Ritter selbst dabei deutlich in den Hintergrund tritt.

Doctor Harleen Quinzel macht sich bereits während ihres Psychologie-Studiums sehr wenig aus fachlicher Kompetenz. Sie setzt stattdessen lieber auf ihre weiblichen Reize, um ihrem Ziel näherzukommen. Aber Harleen geht es nicht um die Heilung psychisch kranker, leidender Menschen. Ihr dürstet es nach Ruhm und Prestige, sie möchte sich im fragwürdigen Scheinwerferlicht der besonders bestialischen Wahnsinnigen sonnen, möchte sich auf den Titelblättern der Fachmagazine wiederfinden. Kaum in Gothams „Arkham Asylum“ angekommen findet sie im geheimnisvollen und sinistren „Joker“ nicht nur das ideale Versuchskaninchen, sondern wird auch gleich mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Sie verfällt hoffnungslos dem morbiden Charme des dauergrinsenden Psychopathen. Der Joker verschafft ihr mit „Harley Quinn“ eine neue, seinem Stil entsprechende Identität, erwidert jedoch ihre Zuneigung und Annäherungsversuche nicht. Für Harley liegt klar auf der Hand – Zwischen ihr und ihrem „Pupsi“ steht nur ein einziger Mann – Batman.

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„Mad Love“ ist ein schillerndes, herausragendes Meisterwerk in der leider viel zu oft v0n festgefahrenen Erzählstrukturen bestimmten Landschaft der Superhelden-Comics. Was oberflächlich den schrillen Cartoon-Charme klassischer Trickfilme von Tex Avery und der „Warner Bros“-Studios ausstrahlt, wird immer wieder von bitterbösen Spitzen bestimmt, die dem Leser schmerzhaft vor Augen führen, dass er sich gerade köstlich über zwei eiskalte Wahnsinnige amüsiert, für die keine moralischen Grenzen gelten. Auch wenn diese düsteren Exzesse stets nur angedeutet und nie visualisiert werden trägt dieser ständige Spagat zwischen Humor und Fassungslosigkeit maßgeblich zur einzigartigen Stimmung des Bandes bei und liefert ein bitteres aber geniales Extrakt des Joker-Mythos.

Harley Quinn ist dabei weit entfernt von der selbstbestimmten, irren Sexbombe die sie in ihren aktuellen Comics verkörpert. Sie ist eine geistig zerrissene, psychisch abhängige und tragische Figur, die bereit ist wirklich alles zu tun, damit ihr „Mister J“ nur endlich ihre Liebe erwidert. Auf knapp 60 Seiten eine derartige Bandbreite an Emotionen und Eindrücken so stilsicher wiederzugeben ist nicht nur Unterhaltung, sondern vor allem Kunst.

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Ebenfalls im „Harley Quinn“-zentrierten Sammelband befindet sich die durchweg unterhaltsame und actionreiche Miniserie „Harley und Ivy“, die aber keinerlei Anspruch auf die Tiefe und Vielschichtigkeit von „Mad Love“ erhebt. Zwar übertragen Paul Dini und Bruce Timm Harleys Abhängigkeit erfolgreich auf die botanische Terroristin Pamela Isley, bemühen sich dabei aber ganz bewusst nie um die Dramatik der Ursprungsgeschichte. Erwähnenswert ist aber auf jeden Fall, dass diese Reihe die Grundlage für Harleys klar definierte Bisexualität in den aktuellen Comics ist.

Abschließend dient der Nachdruck von „Batman Adventures 12“ wohl eher der Komplettierung des Bandes, da weder die sehr einfach strukturierte und kindgerechte Geschichte noch Kelley Puckets bemühte Immitation von Bruce Timms Cartoon-Stil nie wirklich die Klasse des restlichen Bandes erreichen. Das ist aber wenn man Preis und Umfang des Paperbacks in Relation setzt absolut zu verschmerzen.

„Mad Love“ ist ein unverzichtbares Sammlerstück für jeden Comicfan, der sich auch nur Ansatzweise für den Joker oder seine schwarzrote Gespielin begeistert. Die liebevolle und augenzwinkernde Verbeugung vor Thomas Harris Roman „Das Schweigen der Lämmer“ tritt den unwiderlegbaren Beweis an, dass Tiefe und Ernsthaftigkeit nicht zwingend zusammengehören und dass eine bunte, freundliche Präsentation nicht dabei hinderlich sein muss den Leser zu verstören. Ganz klarer Pflichttitel.

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  • Erschienen am – 18.08.2015
  • Seiten – 180
  • Format – Softcover
  • Original-Storys – Batman Adventures: Mad Love 1, Batman: Harley and Ivy 1-3, Batman Adventures 12
  • Autoren – Paul Dini, Bruce Timm, Kelley Puckett
  • Zeichner – Bruce Timm, Mike Parobeck
  • Preis – 16,99 €

Rezensionsmuster – Softcover, zur Verfügung gestellt von Panini – Herzlichen Dank!