Der große Traum des kleinen Adrian Velba ist es, das Kampfsportturnier des Königshofes zu gewinnen. Vom Preisgeld könnten seine liebe Mama und er soviel essen wie sie möchten und müssten sich um nichts mehr sorgen. Doch die rituellen Kämpfe müssen in Teams abgehalten werden und leider hat Adrians Partner einen sehr schwachen Magen. Das kommt dem zwielichtigen und geheimnisvollen Richard Aldana gerade recht. Da er nicht nur reichlich spät dran ist, sondern auch keinen Turnierpartner vorweisen kann, ist der goldige kleine Adrian seine perfekte Eintrittskarte zum Wettstreit. Dass die Mutter des kleinen auch noch ein ausgesprochen freudiger Anblick ist, motiviert den Herumtreiber zusätzlich. So wachsen die drei im Rahmen ihrer Wettkampfvorbereitungen beinahe zu einer richtigen, kleinen Familie zusammen. Aber Richard Aldana kommt nicht nur aus einer anderen Stadt, oder einem anderen Land. Sondern vielmehr aus einer anderen, bedrohlicheren Welt, weit entfernt von der Idylle des magischen Königreichs…

Das umtriebige Kreativ-Team der „LastMan“-Comicwelt macht kein Geheimnis aus ihren Inspirationen. Bunte, epische Action-Manga in der Tradition des legendären „Shonen Jump“-Magazins zählen genau so dazu, wie Trickserien und Actionfilme der späten Achtziger und frühen Neunziger. Der wahre Reiz der wirklich erfrischenden und fesselnden Reihe liegt aber darin, dass man die oft sehr trashigen und Plakativen Einflüsse lediglich als Vehikel benutzt, um eine ganz eigene, originelle Form von Dramatik und Humor zu entwickeln. Wie auch Dragonball-Held „Son Goku“ ist der kleine Adrian ein ungeheuer aufgewecktes, freundliches aber auch naives Kerlchen, das sehr behütet aufwuchs. Aber die Welt in die er gemeinsam mit seiner Mutter Marianne dem raubeinigen Richard folgt ist brutal, feindselig und thematisiert dabei oft ganz reale Bedrohungen wie Drogenmissbrauch, organisiertes Verbrechen oder sogar sexuelle Gewalt.

In diesen Momenten sind sowohl erzählerisch, vor allem aber auch grafisch auf den beinahe skizzenhaft reduzierten Seiten von „LastMan“ die europäischen Comic-Einflüsse zwar jederzeit wahrnehmbar, beugen sich aber auch stets dem bizarren, japanischen Manga-Humor und seinen wilden Genremixturen. Die zahlreichen und charakteristischen, popkulturellen Zitate in „LastMan“ beziehen sich jedoch nicht nur auf japanische Comics oder TV-Serien, sondern werfen auch gern westliche Einflüsse wie das jüngst neu verflimte Endzeit-Drama „Mad Max“ oder die großartige Satire „Idiocracy“ von Mike Judge (Beavis und Butthead) mit in ihren alles verschlingenden Mixer.

Dabei heraus kommt ein ungemein unterhaltsames Comic-Vergnügen, dass mit zahlreichen, intelligent konstruierten Storywendungen, bissigem Humor und einer packenden, dynamischen Optik aufwartet. Bei letzterer wird wohl nicht jeder Interessent Liebe auf den ersten Blick verspüren, denn auch wenn die oft gepinselten Tuschlinien beeindruckende Bilder ergeben, sind sie sicher manchmal auch ein harter Bruch mit den Seh- und Lesegewohnheiten der Zielgruppe. Lässt man sich erst einmal darauf ein, dann erkennt aber auch das ungeübte Auge schnell, wieviel Emotionen aus den Gesichtern der Helden und Schurken des „LastMan“-Universums abzulesen sind oder wie sichtbar schmerzhaft sich die Leiber ihrer Gegner unter den Faustschlägen und Fußtritten von Marianne, Richard und Adrian verformen.

Auch wenn viele visuelle, klassische Manga-Elemente wie Kulleraugen, scherzhafte Verzerrungen und Emoticon-Fratzen keinen Platz im eleganten Design der eigenwillig genialen Action-Reihe finden, wird sich jeder Freund von „Dragonball“ oder „One Piece“ spätestens am Ende des ersten Bandes alle Finger nach dem nächsten lecken. Bleibt zu hoffen, dass insbesondere durch den profilierten Künstler Vivès (Polina) auch Stammleser klassischer Graphic Novels einen Blick über den Tellerrand wagen. „LastMan“ hätte es verdient.

  • Last Man
  • Bislang 4 Bände
  • Autoren / Künstler – Balak, Bastian Vivès, Michaël Sanlaville
  • Broschierte Softcover
  • 204-216 Seiten je
  • 18,00€ je
  • Erhältlich bei Reprodukt