Sowohl Aaron, als auch Baruch verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Tod anderer Menschen. Während Aaron sich selbst nicht die Finger schmutzig macht, sondern lieber gleich im großen Stil als Waffenhändler aufräumt, ist Baruch eher ein situationsoptimiertes Präzisionsinstrument. Er tötet nach Auftrag. Immer wieder scheinen sich die Wege der beiden vermeintlich ungleichen Todesboten zu kreuzen. Schon bald wird klar, wer genau in diesem verwirrenden Netz aus Geisteskrankheit und Gewalt eigentlich die Fäden in der Hand hält…

Es ist schon erstaunlich, wie „Aaron & Baruch“ jedem Leser unvermittelt in die (pardon) Fresse schlägt, der sich bloß oberflächlich Zugang verschaffen will. Den inhaltlich und intellektuell völlig überforderten Titten-Touristen gleichermaßen wie affektierten Berufsintellektuellen, die angeblich angewidert von all dem Blut und Sex ihre Blicke abwenden. Um dann vielleicht doch noch einmal heimlich einen Blick auf Timos… hingabevolle Schilderung der weiblichen Anatomie zu werfen. Wer genau mag also die Zielgruppe gewesen sein, als die damals erst siebzehn und zwanzig Jahre alten Künstler ihr Debüt aus der okkult-bizarren Taufe hoben? Ganz einfach – die war ihnen völlig egal. So ist das bei aufrichtiger Kunst eben, egal welche Zielgruppe sich dabei nun zurückgelassen fühlt.

Inhaltsangabe, Covergestaltung und das bei Entstehung zarte Alter der Köpfe hinter „Aaron & Baruch“ geben also durchaus Anlass zur Skepsis. Nicht unwahrscheinlich, dass man ein spätpubertäres Stakkato aus Gewaltfantasien und eruptierenden Körpersäften serviert bekommt. Und wer sich vorsätzlich Mühe gibt, den zweiten Band aus Popcoms großer Werksausgabe von Timo Wuerz so zu interpretieren, der schafft das auch. Ohne Mühe. Dafür muss man bloß ausblenden, wieviel rohe Aggressivität der Künstler bereits vor 20 Jahren über seine auch zu diesem Zeitpunkt bereits technisch beeindruckenden Malereien transportieren konnte. Welche große Sicherheit er schon damals für dramatische Perspektiven und grelle, aber immer geschmackvolle Farbwahl bewies.

So ein Kritiker müsste Niki Kopps verworrene, innere Monologe lediglich als pseudo-psychopathologisches Blabla bezeichnen und dabei ausblenden, wie geschickt der Autor sich Burroughs Cut-Up-Technik bedient. Mit der er aus dem vermeintlichen Gestammel der samt und sonders schwer gestörten Akteure des Thrillers ganz langsam Strukturen und Sinnzusammenhänge formt. Man könnte auch behaupten, dass der Plot sich lediglich des „Jeckyl & Hyde“-Archetyps bedient und dabei die sorgsam recherchierten Bezüge zu tatsächlichen Geisteskrankheiten außer Acht lassen.

Allerdings würde jedem Leser, der seinen Weg ins opulente und liebevoll aufbereitete Bonusmaterial findet so eine Rezension schnell enttarnen. Als vorzeitige Kapitulation vor einem zugegeben schwer zugänglichen und manchmal sperrigen Buch, dass mit ganz viel Hirn, riesigen Eiern und jugendlichem Ungestüm seinen Leser in eine verstörende Geschichte entführt und ihn zu einem Teil davon werden lässt, ohne sich zu ernst zu nehmen oder dabei selbst zur Hochkultur aufzuschwingen, Um dann vom Olymp auf den Morast der belanglos-bunten Unterhaltung hinabzublicken…

aaron1miniAARON & BARUCH
Autor – Niki Kopp
Künstler – Timo Wuerz
160 Seiten
Hardcover
18,00€
ERHÄLTLICH BEI POPCOM (TOKYOPOP)