Ausgerechnet unsere verrückte Harley soll einen vermissten Teenager zurück ins traute Heim geleiten. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen ihrer besorgten Mutter geht, die zudem bereit ist ein gewisses Sümmchen in die Rückführung des Nachwuchses zu investieren. Selbstverständlich wäre Harley Quinn aber nicht Harley Quinn, wenn sie nicht auch im neuesten Band ihrer fortlaufenden Soloabenteuer auch auf weibliche Sowjet-Killerkommandos, exzentrische Filmproduzenten oder die wehrhaften Inhaberinnen eines Fitness- und Massagesalons träfe. Aber so richtig komplett ist das Chaos erst, als die blasse aber lebensfrohe Dame in Begleitung eines rachsüchtigen Cowboys auf einen mörderischen Ex-Lover trifft…

Während Kinobesucher und Neu-Nerds nicht zuletzt durch die Verfilmung der „Suicide Squad“ Feuer und Flamme für Harley sind, hat die selbstbewusste junge Dame bei eingefleischten, langjährigen Comic-Fans einen schweren Stand. Denn in ihrer ursprünglich angedachten Form lieferte die vom diabolischen Joker besessene Ex-Psychiaterin eine tiefgründige Metapher für häusliche Gewalt und emotionale Abhängikeit. Diese Tage sind gezählt, die neue Harley ist ein kunterbunter Meta-Pausenclown in der Tradition des sabbelnden Söldners Deadpool.

Obwohl die Trauer über DCs Abkehr von der traditionellen Clownprinzessin sicher bedauerlich ist, wäre es ausgesprochen schade auf die urkomischen, modernen Eskapaden der Antiheldin zu verzichten. Denn wie auch der achte Band, „Harley goes to Hollywood“ eindrucksvoll beweist, zählt sich das verheiratete Autorenduo aus Amanda Conner und Jimmy Palmiotti durchaus zu den eingefleischten und wohlinformierten Comic-Nerds. Anders lassen sich die zahllosen Meta-Botschaften, Anspielungen und Easter-Eggs für Insider nicht erklären. Und wenn die beiden gemeinsam mit den nicht minder talentierten Serienkünstlern John Timms und Chad Hardin „ihre“ Interpretation von Doctor Quinn ihrem klassischen Spiegelbild eine kräftige Abreibung verpassen lassen, dann ist das keinesfalls respektlos gegenüber Harley-Schöpfer Paul Dini gemeint.

Viel mehr geht es ihnen wohl um jene konservativen Fans, die dem intelligentem, turbulentem und oft mutigem Comic keine Chance geben, weil sie sich verbissen an dem von ihnen so lieb gewonnenen Ur-Konzept der Figur festhalten. Und das obwohl beide Versionen auch vortrefflich in einem Regal nebeneinander stehen können. Probiert es doch einfach mal aus!


harley8miniHARLEY QUINN Bd.8: Harley goes to Hollywood
Autoren: Amanda Conner, Jimmy Palmiotti
Künstler: John Timms, Chard Hardin
148 Seiten
Softcover
16,99€
Erschienen bei Panini