Ursprünglich als Roman von Herbert George Wells im Jahre 1898 veröffentlicht, ist „Krieg der Welten“ neben dem ebenfalls von Wells ersonnenem Werk „Die Zeitmaschine“ einer der ganz großen, oft zitierten und neu inszenierten Klassiker der fantastischen Literatur. Zu zweifelhaftem Ruhm verhalf ihm im Jahr 1938 ein auf der Geschichte basierendes Hörspiel von Orson Welles, das angeblich zu Massenhysterien, ganz sicher aber zu beachtlichen Irritationen in der Bevölkerung führte, nachdem die Sendung häufig als tatsächlicher Bericht über eine außerirdische Invasion interpretiert wurde. Anders als dieses Hörspiel, das wie auch zahlreiche Verfilmungen (u.A. mit Tom Cruise) in die vereinigten Staaten der Moderne verlagert wurde orientiert sich Thilo Krapps kürzlich bei Egmont erschienene Graphic Novel dicht an der ursprünglichen Fassung.

Die apokalyptische Satire beschreibt die gewaltsame Machtergreifung außerirdischer Invasoren am Ende des 19. Jahrhunderts, die mit riesigen, dreibeinigen Kriegsmaschinen die Menschheit ermorden aus der Sicht einiger zuvor gut situierter Bürger Englands. Besonders auffällig ist dabei, dass im Gegensatz zu fast ausschließlich modernisierten, ernsten Herangehensweisen an das Thema Krapps Comic-Variante ein mit vergilbtem Seitenton und gleichermaßen akribisch und liebevoll recherchierten Dekor-Details deutlich nostalgischeres Ziel verfolgt. In den letzten Jahrzehnten hat man dieses Retro-Design eher mit humoristischen Bearbeitungen des Themas, wie etwa Tim Burtons filmischer Persiflage „Mars Attacks“ in Verbindung gebracht.

Deshalb ist es umso beeindruckender, was für eine dichte, bedrückende Atmosphäre Krapps „Krieg der Welten“ erzeugt. Insbesondere die nächtlichen, auf dunkelgrauem Grund gezeichneten Passagen des monochromen Machwerks vermitteln hervorragend die Anspannung und Angst der unvermittelt aus ihren Häusern vertriebenen Menschen. Genau dieser Aspekt verleiht der Graphic Novel auch eine greifbare, traurige Aktualität. Denn die Charaktere und komplette Szenerie des Buches werden die Leser überwiegend mit Eleganz und Lebensart verbinden. Diese Menschen aber dabei zu beobachten, wie sie aus ihren kultivierten Umgebungen gerissen werden, um über Nacht zu Vertriebenen, zu Flüchtlingen zu werden, vermittelt ganz unmissverständlich die Tragik aktueller politischer Ereignisse und der damit verbundenen, menschlichen Schicksale.

Eine inhaltlich wie gestalterisch eindrucksvolle Literaturadaption, die sich ganz hervorragend dazu eignet, dem Medium Comic gegenüber noch nicht aufgeschlossenen Literaturfreunden einen Anhaltspunkt zu geben.


KRIEG DER WELTEN
Autor & Künstler: Thilo Krapp (nach H.G. Wells)
144 Seiten
Hardcover
28,00€
Erschienen bei Egmont