Gleich zwei neue Bände des aktuell vielleicht beliebtesten Marvel-Helden sind kürzlich bei Panini in deutscher Übersetzung erschienen.

In „Deadpool v Gambit“ beginnen die Metabotschaften des Kebab-produzierenden Sprücheklopfers bereits auf dem Titelbild, das seinen Leser über die naheliegende Tatsache aufklärt, dass „v“ in diesem Fall für „versus“ steht. Eine hübsche Anspielung auf das von Fans und Kritikern äußerst zwiespältig aufgenommene Kinospektakel „Batman v Superman“, die auch gleich die naheliegende Frage aufwirft, warum zum Teufel man dem Titel nicht noch diesen einen, Missverständnisse vermeidenden Buchstaben spendiert hat. Was im Inhalt der hier abgeschlossen vorliegenden Mini-Serie folgt, ist eine angenehm sinnentleertes Con-Story-Dreieck, bei denen ein mysteriöser Auftraggeber die beiden temporär ehrbaren Mutanten-Ganoven immer wieder gegeneinander ausspielt.

Das bereitet vor allem erfahrenen Lesern der „X-Men“-Stories große Freude, die sich über eine hohe Frequenz spitzfindiger Insider-Gags freuen dürfen. Die im Vergleich zum Helden-Mainstream manchmal noch etwas grob und skizziert wirkenden Bilder des Brasilianers Danilo Beyruth stehen den rotzig-überdrehten Episoden gut zu Gesicht. Das recht ernst erzählte Schicksal des einstigen Mutanten-Schurken „Scrambler“ wirkt hingegen recht deplatziert, beinahe als hätte man zwei völlig voneinander unabhängige Hefte des gleichen Zeichners zusammengeheftet. Das zieht das ansonsten durchaus spaßige Katz- und Maus-Spiel der charmanten Halunken an einigen Stellen doch unnötig in die Länge.

„Deadpool: Der Unglücksrabe“ verzichtet hingegen gänzlich auf melodramatische Experimente und fasst ein Crossover der aktuell laufenden Deadpool-Reihe mit den zukünftigen Netflix-Defenders Luke Cage, Iron Fist und Daredevil zusammen. Hier wird der ernste und dramatische Grundton der urbanen Verbrechensbekämpfer hervorragend als Kontrast zu Wade Wilsons anarchischem Unsinn genutzt. Um einem (nach eigenen Angaben) unverschuldet ins Visier osteuropäischer Verbrecherbanden geratenen Spekulanten vor einem qualvollem Ableben zu bewahren, müssen sich die Beschützer von New York wohl aber übel mit dem hysterisch-überdrehtem Deadpool arrangieren. Spätestens wenn der unberechenbare Pseudo-Held vorübergehend sein Augenlicht verliert und ausgerechnet dem tatsächlich blindem Daredevil seitenlange, moralische Standpauken über einen respektvollen Umgang mit beeinträchtigten Menschen hält, werden wohl nur ganz hartgesottene PC-Befürworter sich ein beherztes Lachen verkneifen können.

Wer ein richtiger Fan ist, hat vermutlich ohnehin längst beide Bände ins Sammlerregal geräumt und macht damit auch nichts falsch. Wer mal wieder Lust auf ein wenig geschmacksbefreiten Irrsinn hat und sich für einen Band entscheiden will, dem sei der deutlich reifere und besser strukturierte „Deadpool: Der Unglücksrabe“ ans Herz gelegt.


DEADPOOL V GAMBIT
Autoren: Ben Acker, Ben Blacker
Künstler: Danilo Beyruth
116 Seiten
Softcover
12,99€
ERSCHIENEN BEI PANINI

DEADPOOL: Der Unglücksrabe
Autoren: Gary Duggan, Charles Soule, David Walker
Künstler: Jacopo Camagni, Guillermo Sanna, Elmo Bondoc, Paco Diaz
100 Seiten
Softcover
12,99€
ERSCHIENEN BEI PANINI