Die Comic-Journalistin Sarah Glidden begleitet eine Gruppe befreundeter Polit-Blogger, um gemeinsam mit ihnen aus erster Hand die Eindrücke der Menschen aus dem Irak und seiner Umgebung nach der amerikanischen Invasion zu schildern. Begleitet werden sie von ihrem Jugendfreund Dan, der trotz der Hippie-Sozialisation durch seine Eltern letzten Endes als Marine im Irak stationiert war. Durch intensive Gespräche mit Menschen ganz unterschiedlicher Motivation und Herkunft haben sie hohe, journalistische Ideale, die sie um jeden Preis umsetzen wollen. Doch sie stellen auch schnell fest, dass Journalismus nicht nur ethischer Selbstzweck, sondern auch ein knallhartes Geschäft ist, das ihnen immer wieder ihre Grenzen aufzeigt…

„Im Schatten des Krieges“ ist das, was seriöse, journalistische Berichterstattung eigentlich immer liefern sollte. Nur eben in Form einer Graphic Novel, die einen leichteren, unmittelbareren Zugang als ein trockener, komplexer Sachtext gewährt. Sarah Gliddens großes Talent darin, ihren stark vereinfacht dargestellten Figuren immer die dem Dialog angemessene Mimik zu verleihen und die Stimmung des Gesprächs durch Bildkomposition und Farben subtil zu verstärken sind unaufdringlich, aber immer spürbar. Ihre Comic-Dokumentation beleuchtet viele verschiedene Perspektiven, ist weder patriotische Propaganda, noch linksextreme Dramatisierung. Obwohl die Journalistin in ihrem Vorwort einräumt, dass eine Aufzeichnung auch immer zumindest teilweise den Standpunkt des Chronisten reflektiert, ist dem Werk deutlich anzumerken, wie sehr sich um eine möglichst neutrale Wiedergabe ihrer Erlebnisse auf dieser Reise bemüht wurde.

Obwohl die Protagonisten natürlich auch in unangenehme, beklemmende oder gar bedrohliche Situationen geraten sind, ist trotz des etwas plakativ geratenen Titels jedoch kein schweißtreibender Polit-Thriller zu erwarten und das ist genau richtig so. „Im Schatten des Krieges“ ist ein sehr mutiges und ehrliches Buch, das nahezu ungefärbte Einblicke in die komplexen Konflikte des nahen Ostens gewährt. Es ist wichtig zu verstehen, dass es unterschiedliche Bevölkerungsgruppen in einzelnen Ländern gibt, die oft auf lange, kulturelle Konflikte zurückblicken und – wenn sie dabei überhaupt eine Rolle spielt – ihre Religion genau wie Menschen aus christlich geprägten Ländern auf ganz unterschiedliche Weise interpretieren und leben. Diese Graphic Novel kann dabei eine wertvolle Hilfe sein.

Trotz der starken Dialoglastigkeit und der wenig bis gar nicht sensationsheischenden Inszenierung sollten auch sonst eher unpolitische Menschen, die sich diffuse Ängste durch Informationen nehmen lassen möchten unbedingt einen Blick auf „Im Schatten des Krieges“ werfen, das sich zumindest nach Ansicht des Autors dieses Artikels auch ganz hervorragend als Unterrichtsmaterial eignet.



IM SCHATTEN DES KRIEGES
Autorin und Künstlerin: Sarah Glidden
304 Seiten
Broschiertes Softcover
29,00€
ERSCHIENEN BEI REPRODUKT