Jedes Jahr finden Molly, Gert, Karolina, Nico, Chase und Alex gezwungener Maßen zusammen. Während ihre Eltern irgendwelches streng geheimes „Erwachsenenzeugs“ erledigen sollen die schlecht gelaunten Teenager und Kinder miteinander die Zeit totschlagen. Das gestaltet sich in einer Lebensphase, in der jeder Monat Altersunterschied jahrzehntelang erscheint ausgesprochen schwierig. Also machen die gelangweilten Kids genau das, was alle gelangweilten Kids machen würden: Sie nutzen den Geheimgang des stattlichen Anwesens von Alex Eltern, um herauszufinden, was genau ihre Erzeuger so hinter verschlossenen Türen treiben. Die Antwort ist verstörend, denn durch einen Trickspiegel beobachten die schockierten Halbstarken, wie ihre Eltern ein junges Mädchen als Opfergabe darbringen. Offenbar sind sie die Nachkommen waschechter Superschurken. In wilder Panik flieht die unfreiwillige Clique in eine ungewisse Zukunft…

Endlich! Sicher nicht ohne Rückenwind der kürzlich in den Staaten gesendeten TV-Adaption der „Runaways“, dürfen wir nach sage und schreibe fünfzehn Jahren auch in Deutschland die komplette erste Reihe der sträflich unterschätzten Jugendreihe aus dem Marvel-Kosmos lesen. Während die etwas steril-digitale Optik sicher nicht jedermanns Sache sein wird, sind die von keinem Geringerem als „Saga“-Schöpfer Brian K. Vaughan verfassten achtzehn Ausgaben des Ausreißer-Abenteuer ein inhaltlicher Leckerbissen. Häufige, popkulturelle Eighties-Zitate und die wilder Mixtur sympathischer Genre-Stereotypen werden hier mit Sicherheit den Grundstein für Vaughans „Paper Girls“ gelegt haben. Der „Breakfast-Club“ der Superhelden bietet tatsächlich deutlich mehr Spannung, Überraschungen und vor allem packende, emotionale Momente als manch routiniert runtergeleierter Comicband der schon so lang etablierten, prominenten Heldenriege um Captain America, Iron Man und Co.

Mit knapp 40 Euro ist das voluminöse Softcover sicher kein Schnäppchen, bringt dafür aber mehr als 430 Seiten auf die Waage. Komplettisten atmen außerdem beruhigt auf: Die Vollständigkeit der kompletten ersten „Runaway“-Reihe ist gleich nach Kauf sichergestellt und nicht mehr abhängig vom ungewissen Zulauf der deutschen Kundschaft. Ein gern limitiertes und etwas kostspieligeres Hardcover wäre trotzdem eine nette Alternative für den wuchtigen Ziegel gewesen.

Natürlich richten sich die „Runaways“ an ein junges Publikum und stellen romantische Verwirrungen der pubertierenden Akteure in den Vordergrund, das muss man mögen. Wer sich darauf einlässt erhält zum Dank einen exzellenten Marvel-Geheimtip, der sich wohltuend vom manchmal doch recht generischen Pflichtprogramm der Langzeithelden abhebt. Sollte die deutsche Leserschaft die begabte Rasselbande mit offenen Armen empfangen, warten in den kommenden Stories Highlights wie der erste Auftritt des vor allem aus der hervorragenden „Vision“-Reihe bekannten Charakters Victor Mancha oder vom gefeierten Indie-Autor Terry Moore getextete Kapitel.


RUNAWAYS MEGABAND: Ausreisser
Autor: Brian K. Vaughan
Künstler: Adrian Alphona, Takeshi Miyazawa
436 Seiten
Softcover
39,00 Euro
ERSCHIENEN BEI PANINI