Nach „The Walking Dead“ ist mit „Outcast“ die nächste Horror-Reihe aus der Feder von Robert Kirkman auf dem Weg, eine aufwändige TV-Serie zu werden. Diesmal geht es aber nicht um verfaulendes Kanonenfutter, sondern das absolute, reine Böse – Dämonen. 

Kyle lebt nicht, er vegitiert vor sich hin. Der offensichtlich depressive junge Mann verlässt kaum sein völlig heruntergekommenes Haus, die einzigen Lebewesen die sich hier außer ihm aufhalten sind zahlreiche Kakerlaken. Nach mysteriösen und dramatischen Ereignissen um ihn und seine Familie ist er zum absoluten Außenseiter geworden. Viele Menschen in der Kleinstadt sprechen hinter vorgehaltener Hand von häuslicher Gewalt und Missbrauch.

Als der kettenrauchende und Poker spielende aber nichtsdestotrotz tiefgläubige Reverend der Gemeinde mit dem Fall eines offenbar besessenen Jungen konfrontiert wird ist ihm sofort klar – nur Kyle wird ihm in diesem Fall helfen können…

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Fairer Weise muss ich dieser Rezension vorausschicken, dass ich befangen bin. Ich würde mich heute eher als Agnostiker bezeichnen wollen, bin aber katholisch erzogen worden. „Der Exorzist“ von 1973 war deshalb ein dramatisches und einprägsames Filmerlebnis für mich. Ich bin durch meine multimediale Sozialisation verhältnismäßig abgestumpft was Gewalt und Splatter angeht. Sowas hat für mich meistens eher satirischen Unterhaltungswert.

Aber wenn ich im Zwielicht einen verzerrt grinsenden Menschen sitzen sehe, in verkrampfter Haltung, der blasphemische Obszönitäten brüllt, dann habe ich persönlich – pardon – Die Hosen voll.

Künstler Paul Azaceta (u.A. „Daredevil“) ist die perfekte Wahl für so ein Szenario. Sein grober Strich entscheidet immer richtig, was im verborgenen bleiben und was dem Leser ins Gesicht geschrien werden soll. Die stimmungsvolle Farbgebung und das perfekte Spiel von Licht und Schatten sorgen für einen unikaten Look, der die perfekte Bühne für Kirkmans Besessenen-Saga liefert.

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Gute Laune macht es sicher nicht „Outcast“ zu lesen. Die feindselige Welt der Horrorreihe ist bestimmt von häuslicher Gewalt, psychischer Krankheit, Misstrauen und Angst. Das großartige Zusammenspiel von Autor und Zeichner sorgen aber dafür, dass man sich extrem schnell sehr tief in dieser Welt wiederfindet. Und wer gepflegte Spannung mag, der wird sich hier auch so richtig wohlfühlen.

Der Erfolg von „The Walking Dead“ hat meiner Meinung nach sehr, sehr wenig mit Horror und Grusel zu tun. Im Vordergrund steht ganz klar das Drama, der Überlebenskampf der Menschen. Natürlich mag ich die Bücher sehr, aber ich habe sie nie wirklich als Horror empfunden.

Outcast ist Horror. Selbst wenn ich meine eingangs erwähnte Befangenheit herausrechne ist es ein wirklich stimmungsvolles und gruseliges Buch. Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn die Befürchtung hatte, die Handlung könnte sehr generisch werden. Wenn ich Filme zum Thema Exorzismus schaue (was ich aus irgendwelchen masochistischen Gründen sehr regelmäßig mache), dann gibt es sehr, sehr wenig Variation in der Handlung . Mensch besessen, Familie besorgt, kontaktiert Geistlichen oder Psychiater, großes Austreibungsfinale, Dämon hat doch überlebt, bringt nochmal jemanden um. Ende.

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So leicht macht es sich „Outcast“ natürlich nicht. Sicher kann ich nach „Im Reich der Finsternis“, das die ersten sechs US-Ausgaben aus dem Image-Verlag umfasst noch nicht wirklich wissen, wohin die Reise geht. Aber es macht mir den Anschein, als hätte Kirkman vor, aus Kyle einen übernatürlichen, Dämonen austreibenden Antihelden à la John Constantine zu machen. Allerdings nicht in einem überzeichneten Superhelden-Universum, sondern in einem sehr realistischen und deshalb deutlich bedrückenderem Setting. Die Idee gefällt mir richtig gut, ich hoffe ich behalte Recht!

„Outcast Bd.1 – Im Reich der Finsternis“ ist ein sehr atmosphärisches und beklemmendes Buch. Das genial schlichte Coverartwork strahlt diese Stimmung perfekt aus und verleiht dem hervorragend verarbeiteten Hardcover im Ursprungsformat ein richtig stilvolles Aussehen. Horrorfreunde, die klassische Ansätze in einem frischen Gewand wollen schlagen zu. Und wer sich mehr Walking Dead versprochen hat, der liest stattdessen eben die neuen Ausgaben von Walking Dead. So haben alle gewonnen. Vor allem Robert Kirkman.

  • Autor – Robert Kirkman
  • Zeichner – Paul Azaceta
  • Ersschienen am 23.03.2015
  • Format – 16×24, HC, 4c, 160 Seiten
  • Preis: 22,00 
  • ISBN 978-3-86425-667-1

Rezensionsmuster – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Cross Cult – Herzlichen Dank!

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