„Handbuch der Verwesung“ ist das epische Finale von Olivier Perus erstem Untoten-Zyklus. Wer sich schon immer einen stilvollen, emotionalen Ansatz für eine Zombiestory gewünscht hat bekommt hier endlich wonach er gesucht hat.

Sam hat nicht mehr lang. Seine Immunität gegen das Zombievirus hilft ihm nur, solange er keine lebensbedrohlichen Verletzungen erleidet. Und es hat ihn wirklich schwer erwischt. Auf seinem Weg zurück zum Konvoi begegnet der Held wider willen einer Gruppe Kinder, die acht Monate lang auf eigene Faust überlebt hat. Ein technisches Gerät hat ihnen dabei geholfen…

Währenddessen ist der Konvoi nach wie vor gezwungen die erhoffte Zuflucht in Form einer Insel hinter sich zu lassen, nachdem sie feststellen mussten, dass das Virus schneller dort war als die Menschen. Unter der Leitung des ehemaligen B-Movie-Darstellers Serge LaPointe will die Zweckgemeinschaft sich vor den vermodernden Heerscharen in ein Einkaufszentrum flüchten. Doch eine Gruppe rassistischer, gewaltbereiter Hinterwäldler denkt gar nicht daran ihre Zuflucht zu teilen…

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Im „Handbuch der Verwesung“ laufen nun endlich alle Handlungsstränge zusammen. Und wie es sich für das Finale eines Endzeitdramas gehört, kann das nicht ohne erhebliche Verluste passieren. Viele liebgewonnene Figuren werden diesen Band nicht überleben, soviel darf ich bereits verraten ohne irgendjemanden schwer zu schockieren oder zu überraschen. Die Serie heißt „Zombies“ und nicht „My Little Pony“.

Peru erleichtert den Trennungsschmerz durch einen geschickten Kniff. Im letzten Band der Trilogie (eine „Null“ zählt man bei Comics klassischer Weise nicht mit, sie dient zur Ergänzung) liegt der erzählerische Schwerpunkt ganz klar auf den Kindern, der nächsten Generation von Überlebenden. Da macht es mich auf der einen Seite richtig glücklich auf den letzten Seiten des Bandes Skizzen von Josh und Paloma als junge Erwachsene zu sehen. Allerdings stimmt mich etwas traurig, dass ich dort auch lese, dieser zweite Zyklus sei bereits für 2014 vorgesehen gewesen. Leider konnte ich selbst auf der französischen Seite von Amazon nicht einmal eine Möglichkeit zur Vorbestellung finden. Hoffentlich müssen wir uns nie die Frage Stellen, ob „Zombies“ weitergeht, sonder nur wann.

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Abgesehen von reichlich temporeicher Action schaffen Peru und Zeichner Sophian Cholet auch wieder viel Platz für Gefühle und Tragik. Die Vielzahl der Ereignisse verhindert aber, dass es noch einmal so intensiv und greifbar wird, wie im ungeschlagenen ersten Band, der vor allem die Freundschaft zwischen Sam und Ziehsohn Josh thematisiert. Der dritte Band von „Zombies“ ist eine klare Verbeugung vor dem Genre, zitiert Größen wie Romero, zeigt sich dabei aber immer modern und eigenständig. Das gefällt mir sehr gut, da Zombie-Filme und auch -Comics immer häufiger einen Hang dazu haben, mit Stimmung und musikalischer Untermalung die Achtziger zu zitieren. Das ist ab und an lustig, insgesamt meiner Meinung nach aber stark überstrapaziert.

Ich merke, dass ich mit jedem neuen Band der Reihe kritischer werde. Das liegt nicht daran, dass die Comics schlechter würden, sondern dass meine Erwartung kontinuierlich mit der Serie gewachsen sind. Peru hat mir gezeigt, dass es neben „The Walking Dead“, „28 Days Later“ oder „Zombieland“ eine weitere Art gibt ein momentan wirklich stark präsentes Thema frisch zu erzählen. Durch glaubhafte, emotional starke Charaktere, durch die stilvolle Reflektion existenzieller Fragen und durch einen charmanten, dezenten Humor der mich zum richtigen Zeitpunkt schmunzeln lässt, ohne dass ich den Ernst der Lage vergesse und mich zu sehr entspanne.

Wer auf Zombies steht, hat Perus „Zombies“ eh schon im Schrank. Wer das Thema mal mochte, es aber leid ist sollte sie dringend lesen. Es ist noch nicht zu spät für Euch. Für Sam leider schon, aber nicht für Euch.

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  • Autor – Olivier Peru
  • Zeichner – Sophian Cholet
  • Übersetzer – Tanja Krämling
  • Einband – Hardcover
  • 56 Seiten
  • Band 4 von 4
  • ISBN 978-3-86869-313-3
  • erschienen am: 01.01.2014

Rezensionsmuster – Hardcover, Privatarchiv

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