Orks haben ihren festen Platz in Fantasy-Geschichten. Sie sind grobschlächtige, brutale, dumme und einfältige Monster. Olivier Peru (mittlerweile ein Stammgast auf DeinAntiHeld.de) führt nun einen von ihnen in den „Krieg der Orks“, der diese Genre-Regeln gründlich auf den Kopf stellt.

Kil’Tyrson ist kein sonderlich eindrucksvoller Ork. Seine hellen Augen gelten unter den monströsen Kriegern seines Volkes als Zeichen von Schwäche und Verschlagenheit. Ihn ziert nur eine einzige Tätowierung, die dem kampflustigen Volk als Ehrenabzeichen dienen. Doch als sich seine Wege und die des Königssohnes kreuzen offenbart sich eine einzigartige Fähigkeit des Orks mit den hellen Augen – Die hohe Kunst der Strategie.

Innerhalb kürzester Zeit schwingt sich unter dem neuen General Kil’Tyrson das zuvor vom Aussterben bedrohte Volk der Orks zu neuen Höhen auf. Die bedachte, unberechenbare Vorgehensweise der Orks stellt das Bündnis von Elfen, Menschen und Zwergen vor eine scheinbar unlösbare Aufgabe.

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Orks waren schon immer meine allerliebsten Fantasy-Kreaturen. Die Kombination aus idiotischem Slapstick-Humor und schonungsloser Brutalität hatte für mich schon immer einen besonderen Reiz. Deshalb war es für mich – wie so häufig in Werken von Olivier Peru – erstmal ein längerer Prozess mich von meinem lieb gewonnen Bild der grünhäutigen Brutalo-Clowns zu verabschieden und zu verstehen, wohin die Reise im „Krieg der Orks“ gehen würde.

Darauf lasse ich mich aber gerne ein, da ich ja sowohl Fantasy sehr mag, als auch häufig die sich ewig wiederholenden Muster kritisiere. Damit zu brechen verdient immer meinen Respekt und meine Aufmerksamkeit. Dieser Prozess fällt mir durch eine zentrale, wirklich tolle Idee in „Krieg der Orks“ deutlich leichter, die ich so konsequent umgesetzt bis jetzt noch nie gelesen habe. Es gibt keine klassische Einteilung in Gut und Böse. Das eine, große Dogma der Fantasy wird komplett ignoriert. Die Elfen-Kaiserin ist intrigant und egoistisch, die Menschen sind verschlagen und hinterlistig und die Zwerge sind devot und feige. Selbst Hauptfigur Kil’Tyrson ist kein Held, Antiheld oder Sympathieträger. Seine Ränkespiele sind absolut skrupellos und jedes kurzzeitige Aufkeimen ethischer Ideen erstickt schnell in neu vergossenem Blut.

Gemeinsam mit vom chinesischen Künstler Daxiong inszenierten, zahlreichen, wuchtigen und dynamischen Schlachten entsteht so ein spannender aber völlig entromantisierter Kriegsbericht. Die angenehm modernen Artworks erinnern mich dabei immer wieder an Interpretationen der Spieleschmiede Blizzard, bieten aber durch den wesentlich verhalteneren Farbeinsatz und die vorsichtigere Überzeichnung immer genug Eigenständigkeit. Für meinen Geschmack wird eine perfekte Mitte zwischen europäischem und amerikanischem Stil gefunden, die den ersten Band des Fantasy-Zweiteilers großartig inszeniert.

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„Die Kunst des Krieges“ erfindet dabei zu keinem Zeitpunkt das Rad neu. Auf den nur 48 Seiten trifft der Leser im straffen aber immer angenehmem Erzähltempo auf zahlreiche Kreaturen und Charaktere, die er bereits in zahlreichen Filmen, Romanen, Spielen und Comics treffen konnte. Was das Buch trotzdem so lesenswert macht, ist die bedingungslose Konzentration auf die politischen und militärischen Intrigen. Peru verwässert nichts mit Romantik, Heldensagen, oder Allianzen. Kil’Tyrsons Abenteuer ist 100% Krieg in großartiger Optik.

Der erste Band von „Krieg der Orks“ ist die perfekte Wahl für Fantasy-Freunde, die bei einem Film-Abend mit dem „Herrn der Ringe“ all das unnötige, gefühlsduselige Beiwerk zwischen den Schlachten vorspulen. Mit einem Horn voll Met und Manowar auf voller Lautstärke entfaltet die Schlachtplatte ihr volles Bouquet.

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Rezensionsmuster – Hardcover, zur Verfügung gestellt von Splitter – Herzlichen Dank!

  • Autor – Olivier Peru
  • Zeichner – Daxiong
  • Einband – Hardcover
  • Seiten – 48
  • Band 1 von 2
  • ISBN 978-3-86869-581-6
  • Erschienen am 01.04.2013

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