In einer zynischer Weise momentan gar nicht so fern und abwegig scheinenden Zukunft hat sich das Verhältnis armer und reicher Erdenbewohner drastisch zugespitzt. Sämtliches Eigentum und alle Macht des Planeten liegen in den Händen einiger weniger Familien, die mit harter Hand über den Rest der Bevölkerung herrschen. Der deutlich kleinere Anteil der Menschheit hat die zweifelhafte Ehre, den Familien als Knechte zu dienen. Sei es in Medizin, Gastronomie oder auf dem Unterhaltungssektor. Wem dieses „Glück“ zuteil wurde, der ist per offizieller Definition „Müll“ und fristet ein gefährliches, kurzes Leben ohne Gesetze oder Hoffnung in den lebensfeindlichen Außenbezirken. Eve „Forever“ Carlyle ist ein Lazarus. Jeder der Clans verfügt über einen dieser biomechanisch veränderten Krieger und Leibwächter. Allerdings regen sich Menschlichkeit und Mitgefühl in der tödlichen jungen Frau, was sie immer mehr zu einem gefährlichen, unberechenbaren Faktor für das Wohl der Familie werden lässt…

Während der Schwerpunkt im ersten Kapitel der beklemmenden Scifi-Saga auf der Vorstellung der Clan-Strukturen und der Lazarus-Krieger lag, lenkt Autor Rucka die Aufmerksamkeit nun immer mehr in die verwüsteten Außenbezirke und auf das Schicksal des „Menschen-Mülls“. Ohne dabei von allzu widerlichen und verstörenden Bildern gebrauch zu machen, lässt er keinen Zweifel an den unbeschreiblichen Grausamkeiten, die ein Dasein fernab der Annehmlichkeiten der hochwohlgeborenen Familien mit sich bringt. Hunger, Angst und sexuelle Gewalt gehören zum Alltag für jeden, der nicht gesund oder profitabel genug ist, um in den Stand eines Knechtes erhoben zu werden.

Auch wenn die Action zugunsten der extrem ambitionierten, politischen Erzählung diesmal stark in den Hintergrund tritt, ist „Lazarus“ keine trockene Angelegenheit für Berufs-Intellektuelle. Der gekonnt aufgebaute Spannungsbogen und die bedrückende Atmosphäre werden eindrucksvoll von Künstler Michael Lark in elegante, stimmungsvolle Bilder übersetzt. Kein Wunder, das Dream-Team konnte sich bereits mit dem von Kritik und Fans gefeierten Batman-Spinoff und Polizei-Drama „Gotham Central“ (auf deutsch bei Panini) perfekt aufeinander einstimmen.

Mit „Lazarus“ wird deutlich, dass auch der amerikanische Markt erstklassige Produktionen fern von inhaltsleeren, quitschbunten Fließband-Heftchen zu bieten hat. Und dass inhaltlich ansprechende Comics trotzdem auch stylisch sein und – pardon – Eier haben dürfen.

  • Lazarus Bd.2 – Der Treck der Verlierer
  • Autor – Greg Rucka
  • Künstler – Michael Lark
  • 128 Seiten
  • Hardcover
  • 19,80€
  • Erhältlich bei Splitter