Anfang der Neunziger: Die hübsche Lula spielt in einer Rockband und träumt vom großen Durchbruch. Allerdings weiß sie auch ihr ganz einfaches Lotterleben mit ihrem Freund Jan Kiesel sehr zu schätzen, den alle bloß „Yankee“ nennen. Die beiden machen regelmäßig die Nacht zum Tag, trinken, rauchen und erleben die wildesten Geschichten mit ihrem dezent heruntergekommenem aber durchweg sympathischem Freundeskreis.

Der dritte Band der großen „Timo Wuerz“-Gesamtausgabe bei Popcom widmet sich nun einer Funny-Serie, die der liebenswert spinnerte Schwabe mit seinen ebenfalls und großartiger Weise nicht ganz richtig tickenden Kollaborateuren Niki Kopp und Gothic-Novel-Rocker Asp Spreng entwarf. Der oft derbe und zotige Humor reiht sich aber nicht einfach nahtlos zwischen Feldmann und Moers ein, auch wenn Bier und Beischlaf zentrale Bestandteile des Geschehens sind. Obwohl „Lula & Yankee“ vortrefflich funktionieren wird, wenn man nach nach erfolgloser Balz mit entsprechender Umdrehungszahl verschwitzt in’s heimische Sofa sinkt, offenbart sich das wahre Potential des überdrehten Sammelalbums erst zwischen den Zeilen und bei genauem Hinsehen.

Beinahe jeder Kalauer kommt im Tandem mit einem findigem, Python-esquem Wortspiel, einem popkulturellem Zitat oder wenigstens einer abstrusen Metabotschaft, die vor allem langjährigen Fans der illustren Künstlergemeinschaft viel Freude bereiten werden. Richtig deutlich wird das im eigens für die Gesamtausgabe angefertigtem, vollfarbigem Vorspiel aus der Feder von Asp. Hier wird unmissverständlich und ausgesprochen charmant deutlich gemacht, was den geneigten Leser in der folgenden Sammlung klassischer Comic-Strips (höhö) erwartet. Nämlich jede Menge nostalgische und anarchische Lebensfreude, die daraus entsteht, das ausgesprochen pfiffige und feinsinnige (auch wenn Timo das leugnen wird) Leute einmal die Fußfesseln des Niveaus und der Political Correctness ablegen und ganz gepflegt die Sau rauslassen.

Die spaßigen „Slice-Of-Life“-Stories, wie der Feuilleton sie heute wohl nennen würde, sind gesäumt mit unzähligen Textpassagen aus Rock- und Metal-Hits der späten Achtziger und frühen Neunziger. Wer entweder über ein ausgezeichnetes Gedächtnis verfügt, oder sich die Mühe macht die entsprechenden Songs zu recherchieren und stilecht während der Lektüre abzuspielen, wird mit einem weiterem Puzzleteil für die sympathische und authentische Zeitreisen-Collage belohnt.

Verlagschef Joachim Kaps selbst war übrigens für die Redaktion des Bandes verantwortlich, der mit einem sexy Foldout-Poster, simulierten Tape-Applikationen auf dem Cover und dem verlagsüblich hohem Produktionsstandard zum mehr als fairem Preis glänzt. Spießer und selbsternannte Conaisseure werden wohl nur kopfschüttelnd die Nasen über die derben Zoten, nackten Brüste und verzerrten Ästhetik-Standards rümpfen. Wer in seiner Jugend aber wirklich gelebt hat wird aber jeden einzelnen Tropfen Herzblut der Beteiligten zu schätzen wissen. Davon gibt’s Gallonen in „Lula & Yankee“.

lulayankee1miniLULA & YANKEE Bd.1: Frühstücksbier & Mixtape
Autoren: Asp Spreng, Niki Kopp
Künstler: Timo Wuerz
144 Seiten
Hardcover
16,00€
Erschienen bei Popcom