Immer wieder wird Deadpool vom geheimnisvollen „Thumper“ heimgesucht, einem schweigsamem und ausgesprochen kräftigem Koloss, der dem Söldner mit der großen Klappe offenbar gern die Lichter ausknipsen würde, auch wenn er deutliche Schwierigkeiten dabei hat, diesen Wunsch auch zu artikulieren. Immer mehr bekannte Gesichter aus früheren, nicht ganz so bunten und überdrehten Zeiten des neuen Marvel-Musterschülers tauchen auf und lassen keinen Zweifel daran, dass auch „Thumper“ eine wichtige Rolle in Wade Wilsons bewegter Vergangenheit gespielt haben muss…

„Böses Blut“ ist nicht zufällig eine Liebeserklärung an die frühe, etwas dunklere und nicht ganz so überdreht-cartoonige Phase des Shooting-Stars der Superhelden-Landschaft. Niemand geringeres als Deadpool-Co-Schöpfer Rob Liefeld selbst war verantwortlich für die grafische Gestaltung von „Böses Blut“. Natürlich ist das bleihaltige Katz- und Mausspiel in den Eingeweiden von Wades Vergangenheit nicht frei vom unverwechselbaren Chimichanga-Humor, das wäre ja auch vollkommen inakzeptabel. Aber es gelingt der ersten Deadpool-„Graphic Novel“ tatsächlich ganz hervorragend, erfahrene Leser in wohlige Frühneunziger-Weapon-X-Nostalgie zu versetzen.

Etwa zu diesem Zeitpunkt gab es bei Marvel tatsächlich Bemühungen, abgeschlossene, grafisch besonders aufwändige Geschichten beliebter Helden zu erzählen. Aus dieser Epoche stammen viele Klassiker wie „Amazing Spider-Man: Hooky“, mit atemberaubendem Artwork aus der Feder des leider viel zu früh verstorbenem Tusche-Genies Bernie Wrightson. Ganz so elegant sieht Liefelds charakteristisch-plakativer Stil auch nach zwanzig Jahren Reifezeit nicht aus, vermittelt durch das Farbenspiel des ausgesprochen talentierten Koloristen Romulo Fajaroo Jr. aber trotzdem ein deutlich hochwertigeres und aufwändigers Flair, als Deadpool-Fans oft gewohnt sind.

Ein ausgesprochen hübsch geratener „Blast from the Past“, der sich ganz hervorragend für Neuleser eignet. Denn Look und Feel von „Böses Blut“ orientieren sich spürbar an der irrsinnig erfolgreichen Kinoverfilmung aus dem letzten Jahr und der Band gibt sich sichtbar große Mühe, den Leser nicht plump zu nötigen, doch gleich drei neue Reihen anzufangen, um den vorliegenden Inhalt einordnen zu können. Gern mehr davon, Marvel. Gutes Konzept!



DEADPOOL: Böeses Blut
Autoren: Rob Liefeld, Chad Bowers, Chris Sims
Künstler: Rob Liefeld
116 Seiten
Softcover
12,99 Euro
Erschienen bei Panini