HARD BOILED

Nixon jagt wie ein Berserker durch das dystopische Los-Angeles auf der Fährte eines Steuerflüchtlings. Auf den überfüllten Straßen des zukünftigen Amerikas schießt, überfährt und verbrennt er dabei alles, was sich zwischen ihn und die verhasste Zielperson stellt. Dabei treibt er es so weit, dass er nach der Verfolgung, einer allumfassenden Operation unterzogen werden muss. Neue Haut, neue Augen und alles andere, was während seiner Ausübung als Steuerfahnder in Mitleidenschaft gezogen wurde, wird dank modernster Medizin ersetzt.

Als er mit einem Schrei erwacht liegt Carl Seltz im Bett neben seiner Frau. Seine Kinder stürmen ins Zimmer, um herauszufinden, warum ihr Vater schlecht geträumt hat. Vielleicht von Monstern? Eigentlich träumte er davon, ein skrupelloser Mörder namens Nixon zu sein, der eine flüchtige Person in die Luft gesprengt hat. Aber das behält er für sich. Da er nicht mehr einschlafen kann, versucht seine Gattin ihn mit Sex abzulenken, während die Kleinen ihm ein Beruhigungsmittel spritzen. Am nächsten Morgen sitzt er in seinem Auto und redet mit sich selbst über seine Traumfamilie, bis er die Zielperson des nächsten Auftrags im Blick hat…

Wer an Frank Miller denkt, der denkt an „The Dark Knight“ oder „Sin City“. Hard Boiled ist völlig zu unrecht neben den bereits verfilmten Werken des amerikanischen Autors etwas untergegangen. Dabei wartet Miller hier mit jeder Menge bissiger Gesellschaftskritik auf. Wenn der Protagonist durch die von eskaliertem Kapitalismus und Überbevölkerung geplagte Stadt fährt, dann lässt er keine Gelegenheit aus, die Auswirkungen der heutigen Lebensweise, auf ziemlich plakative Weise anzuprangern. Trotz verhältnismäßig weniger Worte schafft Miller es in Bezug auf den Titelhelden, Schwermut und ein wenig Mitleid aufkommen zu lassen. Obwohl der brutale Antiheld überall ein Blutbad anrichtet, spielt er doch eine tragische Rolle in dieser manchmal an Absurdität nicht zu überbietenden Welt.

Das zweite Highlight des Bandes sind ganz klar die unglaublich detaillierten Bilder von Geff Darrow. Wenn zwei Autos aufeinanderprallen, ist es möglich die fliegenden Wrackteile zu zählen und ein Techniker könnte alle Kleinteile benennen, die sich gerade durch die Luft bewegen. Um den zahllosen Einzelheiten gerecht zu werden, sind die meisten Kunstwerke ganz oder doppelseitig abgedruckt. Der detailgrad nimmt auch nicht ab, wenn die Story an Fahrt aufnimmt und Nixon Hunderte Leichen hinterlässt oder in Frontansicht einem Menschen durch den Kopf schießt.

Jede Menge blutige Action, aber eine im Kern tragische Geschichte über eine Figur, die in ihrer Rolle verloren ist. Eine grandiose Erzählung trifft auf eine atemberaubende Optik. Cross Cult haben diese Geschichte völlig zurecht im Hardcover–Einband erneut veröffentlicht.