Im Jahr 2009 veröffentlichte Marvel die abgeschlossene Comic-Reihe „Old Man Logan“. Die Geschichte behandelt den gealterten Publikumsliebling Wolverine, der in einer postapokalyptischen Welt lebt. Dort haben sich alle Bösewichte zusammengeschlossen, um einen erbitterten Krieg gegen die Superhelden zu führen. Am Ende gewinnt diese Allianz der Schurken und teilt das Land untereinander auf. Die neue Serie „Old Man Hawkeye“ spielt fünf Jahre vor diesen Ereignissen und stellt Meisterschütze Clinton Barton alias Hawkeye in den Mittelpunkt der Handlung.

Schon bald soll Hawkeye sein Augenlicht verlieren. Eine verheerende Diagnose für einen so exzellenten Schützen. Das veranlasst ihn, sich auf einen letzten Rachefeldzug gegen all jene zu begeben, die ihm in den Rücken gefallen sind. Die Spur aus Zerstörung und Leichen nutzen die Marvel-Fieslinge Bullseye und Venom aus, um sich an Hawkeyes Fersen zu heften. Die schwindende Sehkraft und sein Alter schwächen die Kampfkraft und Zielgenauigkeit des ehemaligen Avengers, wodurch es immer wieder zu brenzligen Situationen kommt. Noch nie ist der Held so verletzlich aber auch nie so entschlossen gewesen.

Der erfolgreiche Journalist Ethan Sacks liefert hier einen sehr actionreichen und blutigen Roadtrip. Auf dem Weg durch das zerstörte Amerika werden Symbionten angezündet, ehemalige Helden getötet und Dinosaurier zur Hilfe gerufen. Aber auch einige gefühlvolle Szenen haben Platz in der sonst sehr temporeich erzählten Vendetta. Zum Beispiel wird die Beziehung zwischen Hawkeye und seiner pubertären Tochter Ashley kurz angerissen, was vor allem dem Titelhelden ein wenig mehr Tiefe verleiht.

Die Bilder von Marco Checchetto orientieren sich stark am Look von „Old Man Logan“, das seinerzeit von Steve McNiven illustriert wurde. Die modernen Bilder schaffen es sofort wieder die düstere, dreckige Atmosphäre des großartigen Vorbildes aufleben zu lassen. Alle neu erdachten Figuren fügen sich optisch wunderbar in die endzeitliche Zukunft des Marvel Universums ein und wirken nie aufgesetzt.

Viele Fans hatten sehr hohe Erwartungen an dieses Prequel, immerhin hat Mark Millar mit dem Vorläufer einen Meilenstein im Genre der Superhelden-Comics geschaffen. All diese Erwartungen kann der vorliegende Band erfüllen, gerade in Sachen Optik und Atmosphäre steht er dem Original in nichts nach. Wer visuell hochwertige und aufregend erzählte Comics mag, wird diese Veröffentlichung lieben! Wenn man unbedingt etwas zum Meckern finden will, dann das die Erzählung es nicht schafft, aus dem Schatten ihres großen Bruders herauszutreten und sich ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Objektiv ändert das aber nichts am hohen Unterhaltungswert.


Leseprobe


OLD MAN HAWKEYE (Bd.1): Auge um Auge
Autor: Ethan Sacks
Künstler: Marco Checchetto
140 Seiten
Softcover
16,99 Euro
Erschienen bei PANINI