Nils und sein Vater Ruben wohnen in einem öden Landstrich irgendwo im Nordland, in dem einfach gar nichts mehr auf den Feldern wachsen will. Auch die Wiesen sind verdorrt und weder Mensch noch Tier scheinen an diesem gottverlassenen Ort noch Nachkommen zeugen zu können. Es scheint, als sei alles Leben aus der grauen Wüste gewichen. Auf der Suche nach Antworten treffen die beiden auf scheinbar unbesiegbare Gegner aus dem hochtechnologisiertem Reich Cyan…

Nils“ ist vor allem eins: Atemberaubend schön. Die stimmungsvollen Bilder von Künstler Antoine Carrion lassen keinen Zweifel an ihren japanischen Einflüssen, ohne dabei ihre europäische Wurzeln zu leugnen. Auch thematisch klar an Miyazakis Meisterwerk „Prinzessin Mononoke“ angelehnt versprühen die drei Bände düster-mystischen Animé-Spirit, schleichen sich trotzdem genug westliche Züge in die Gestaltung menschlicher Figuren, dass eine tolle und eigenständige Mixtur dabei herauskommt, die nicht mit aufwändigen Lichteffekten geizt.

Auch inhaltlich orientiert sich Szenarist Jérôme Hamon mit der nordischen und auch der japanischen Mythologie an fantastischen Quellen aus beiden Kulturkreisen. Die esoterische Grundstimmung seines bitteren, den Raubbau durch den Menschen anklagendes Ökomärchen ergründet dabei mit verhältnismäßig wenig Text und Dialog die immer neuen, eindrucksvollen Settings der magisch-futuristischen Odyssee.

Wer beim Lesen gern in diesen aufwändigen Bildern und der dichten Atmosphäre badet und einzelne Seiten lang auskostet und bewundert, der trifft mit „Nils“ eine goldrichtige Wahl. Je nach Geschmack kann man die mit drei Bänden nun abgeschlossene Geschichte aber auch durchaus als zu gemächlich und etwas in die Länge gezogen empfinden. Auch bekommen die handelnden Figuren für den mit insgesamt gut 150 Seiten beachtlichen Umfang verhältnismäßig wenig Hintergrundinformation und Motivation mit auf den Weg, was sie zugegeben häufig durch lebendige Mimik etwas kompensieren können.

Nils“ ist eben kein Schnellschuss, sondern sehr poetisch und elegant präsentiert. Wer sich dafür die Zeit und die Ruhe nehmen kann und will, wird es sicher keinen Moment lang bereuen. Hektische Gemüter oder Fantasy-Freunde, die sich an historischem Informationsoverkill und akribische Details über die Familiengeschichte jeder einzelnen Nebenfigur erfreuen sollten aber vielleicht vorher beim Comichändler ihres Vertrauens einmal Probelesen.


Leseprobe


NILS (Bd.1): Elementargeister, Autor: Jérôme Hamon, Künstler: Antoine Carrion, 56 Seiten, Hardcover, 14,80 Euro, Erschienen bei SPLITTER

NILS (Bd.2): Cyan, Autor: Jérôme Hamon, Künstler: Antoine Carrion, 64 Seiten, Hardcover, 15,80 Euro, Erschienen bei SPLITTER

NILS (Bd.3): Der Baum des Lebens, Autor: Jérôme Hamon, Künstler: Antoine Carrion, 64 Seiten, Hardcover, 16,00 Euro, Erschienen bei SPLITTER