Der neueste Sonderband zu Jeff Lemires exzellentem Indie-Superhelden-Kosmos ist eine Sammlung kürzerer Spezialausgaben, die in keinem unmittelbarem Zusammenhang stehen, aber dem Hintergrund der Saga um gefallene Helden noch deutlich mehr Tiefe verleihen, als er ohnehin schon hatte. Das Kernstück ist dabei ganz klar die knapp 40 Seiten starke „Annual“-Ausgabe der Hauptreihe, bei der zahlreiche namhafte Künstler ihr ganz eigenes Licht auf jeden einzelnen der gestrandeten Helden werfen dürfen. Verbunden werden diese Rückblicke dabei durch einen Hauptplot, in dem der seltsame Colonel ein offenbar feindseliges Außerirdisches Wesen durch Raum und Zeit verfolgt, das jedem einzelnen der Protagonisten in der Vergangenheit schon einmal begegnet ist. Die Experimentierfreude und Begeisterung, mit der Lemire und seine talentierten Mitverschwörer hier vorgegangen sind haben sich natürlich gelohnt. Vor allem die „Barbalien-Episode“ von „Descender“-Künstler Dustin Nguyen und das Weltraumkapitel vom großen Mike Allred stechen trotz des insgesamt hohen Standards klar hervor.

Während die herrlich tragikomische Episode um das Monstermädchen Cthu-Louise ebenfalls auf jeder einzelnen Seite ganz großes Comic-Tennis bleibt, sind das „Black Hammer“-Lexikon und die Kurzgeschichte, die der amerikanischen Ausgabe des „Free Comic Book Day“ entstammt eher als interessante und aufschlussreiche Peripherie, denn als nette Zugabe zu bezeichnen, die zwar mehr Einsicht und Hintergrund-Informationen für Lemires komplexes Gespinst unterschiedlicher Heldenepochen zu bieten haben, aber keinen unmittelbaren inhaltlichen Mehrwert bieten.

Das ist selbstredend völlig okay so, zeigt aber auch auf welch grotesk hohem Niveau hier kritisiert wird. Die letzten alleinstehenden Nebengeschichten wie etwa das famose „Doctor Star“ haben die Messlatte derart hoch angelegt, dass tatsächlich so verhätnismäßig stark auffällt, wenn man mal nicht 160 Seiten lang ununterbrochen in Atem gehalten wird.


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BLACK HAMMER: Straßen von Spiral City, Autor: Jeff Lemire, Künstler: Dean Ormston, 128 Seiten, Hardcover, 19,80 Euro, Erschienen bei SPLITTER

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