Retroballerspiele mit Pixeloptik schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Kein Wunder. Die ehemaligen Kinder der Achtziger und Neunziger sind erwachsen, haben Familien und gönnen sich gern eine Dröhnung nostalgisches Wohlbefinden für ein paar Euro. Da fällt es mitunter schwer, echte Highlights in diese Masse überhaupt noch wahrzunehmen. „Xeno Crisis“ ragt da indiskutabel hervor. Aus der Vogelperspektive führen wir irgendeine(n) Pixelsöldner(in) gegen eine genretypisch abgedroschene Alien-Invasion. Der ursprünglich tatsächlich erst in den letzten Jahren für die fast antike „Mega Drive“-Hardware von Sega entwickelte Ballerspaß spielt gut und gern mit allen Klischees, die seine spirituellen Ahnen wie „Smash TV“, „Alien Syndrome“ oder „Shock Troopers“ etabliert haben.

Es ist ein bretthartes Arcade-Action-Spiel, das bewusst auf moderne Indie-Elemente wie langfristige „Roguelike“-Freischaltungen oder eine tiefe, komplexe Story verzichtet. Das Teil wirkt wie ein geborgenes Relikt, ein fünfundzwanzig Jahre verschollener Action-Kracher, den wir alle gespielt hätten, wenn das Entwicklerstudio nicht bei einem Betriebsausflug geschlossen verunglückt wäre. Klar klingt das makaber, aber so fühlt es sich eben an. Denn mit den krachenden Soundeffekten, dem exzellenten, treibendem Synthie-Soundtrack und den kultig-trashig knarzenden Sprachsamples („Look how big this thing is!“) wäre der Titel seinerzeit zurecht ein großer Erfolg geworden.

Die minimalen RPG-Elemente zwischen den Missionen, bei denen eingesammelte Hundemarken gefallener Söldner-Kollegen gegen Upgrades getauscht werden bringen zwar ein wenig strategische Würze in das bleihaltige Vergnügen, aber grundsätzlich ist ganz klar eiserne Übung der Weg zum Sieg gegen die Alien-Aggressoren. Auf dem schwereren der beiden Schwierigkeitsgrade ist man ohne die Ausweichrolle komplett verloren, nur riskante Nahkampf-Manöver bringen richtig hohe Punkte. Dafür fühlt man sich aber auch wie ein waschechter Pixel-Schwarzenegger, wenn man mitten im virtuellen Kugelhagel ganz cool einen besonders fiesen Invasoren über die Klinge springen und es so Punkte regnen lässt.

Schwer, extrem oldschool und mit ganz viel Liebe und Sachverstand gemacht. „Xeno Crisis“ ist eine der allerbesten Retro-Erfahrungen, die aus der Welle moderner Pseudo-Klassiker hervorgegangen ist. Und es gehört zu den ganz wenigen Spielen, die sich auch nicht vor ihren alt-ehrwürdigen Inspirationen verstecken müssen. Klasse!


Xeno Crisis, Entwickler / Publisher: Bitmap Bureau, ca. 17,99 €, Verfügbar für PC, Nintendo Switch, Playstation 4, Xbox One, Getestet auf der NINTENDO SWITCH