„Ori and the Blind Forest“ war ein echter Indie-Senkrechtstarter. Das von den österreichischen Moon-Studios produzierte „Metroidvania“, bei dem es um die Erkundung eine komplexen Labyrinths durch die Freischaltung immer neuer Bewegungs- und Angriffsmöglichkeiten geht hat die Welt völlig zurecht im Sturm erobert. Durch zum Schneiden dichte Atmosphäre und eine absolut unverwechselbare Märchenbuch-Stimmung wusste das inzwischen auf vielen relevanten Systemen veröffentlichte Spiel seine Spieler vor allem auch emotional an die Hand zu nehmen.

Hoch waren also die Erwartungen an den schon lange Zeit angekündigten Nachfolger „Ori and the Will of the Wisps“, der schon vor einiger Zeit zunächst exklusiv für XBox One und den PC erhältlich war. Nun geht das Miyazaki-esque Abenteuer auch auf Nintendos Switch weiter. Dass sich das Spiel dort mechanisch neben vielen anderen Genre-Vertretern, die häufig auf einfache Retro-Präsentation setzen zuhause fühlen würde, war spätestens seit der erfolgreichen Veröffentlichung des Vorgängers klar. Etwas mulmig war es wartenden Nintendo-Spielern aber dabei, dass Portierungen auf die deutlich leistungsschwächere Hardware häufig schlampig und mit klaren technischen Abstrichen passieren.

Aber die Moon Studios haben die zeitliche Exklusivität genutzt, um beeindruckendes zu leisten. Von einer dezenten Unschärfe durch die Skalierung einmal abgesehen beweist das neue Ori, das selbst pfeilschnelle Verfolgungsjagden mit riesigen Endgegnern durch ein effektreiches Gewitter sich auf Nintendos Hybrid-Konsole in butterweichen 60FPS spielen lassen, also fast völlig Ruckelfrei und mit ganz flüssigen Kamerabewegungen. So mach man das!

Auch inhaltlich wurde die vom Vorgänger hoch aufgehängte Messlatte mit Leichtigkeit übersprungen. Ein rundum erneuertes Kampf-System, ein angenehmer Schwierigkeitsgrad und die perfekte Länge um sich weder wie ein zu kurzer Indie-Happen noch wie ein übertrieben ausladender Open-World-Koloss anzufühlen machen einfach alles richtig.

Wenn man dann bereits im Intro das erste, zarte Tränchen hochziehen und wieder runterschlucken möchte, dann wird klar, dass man erzählerisch hier so Großes vollbracht hat, wie Pixar mit seiner herzzerreißenden Einführung in den Animationsfilm „Oben“.

Ein Meisterwerk, das man unbedingt gespielt haben muss, wenn man Videospiele nur entfernt mag.


Ori and the Will of the Wisps, Entwickler: Moon Studios. Publisher: iam8bit. 29,99€ 1 Spieler. Erschienen für Switch, XBox One, PC. Getestet auf der Nintendo Switch