Nevada Marquez ist Hollywoods Mann fürs Grobe, wenn es darum geht, Dinge oder Personen wieder zu beschaffen. Seien es gelangweilte Schauspielerinnen, oder McNabb, der den sagenumwobenen Cowboy und Pistolenhelden Lonestar im aktuellen Hollywood-Western-Blockbuster spielt. Dieser hat sich mit einem Freund nach Mexiko abgesetzt, um ein wenig echte Outlaw-Luft zu schnuppern, den einen oder anderen Tequila zu trinken und sich zu amüsieren. Leider ist McNabb nur Schauspieler, kann weder richtig mit der Kanone umgehen, noch ist er den Bossen der Drogen-Kartelle gewachsen, denen er gehörig auf die Füße tritt. Genug zu tun also für Nevada, um den Hollywood-Star unbeschadet zum Drehort zurückzubringen.

Cowboy- und Westernfilme haben ihren Zenit ja längst überschritten, nur gelegentlich findet einer wieder mal den Weg auf die große Leinwand. Umso interessanter ist das Setting, das Fred Duval und Jean-Pierre Pécau da gewählt haben: Ein Amerika nach der großen Zeit der Besiedlung, mitten in der Industrialisierung der 20er Jahre. Hollywood ist gerade auf der Überholspur und nimmt Fahrt auf. Westernfilme boomen, Abenteuerfilme wie Tarzan sind gerade im Kommen. Kulissen gibt es für Western  mehr als genug, und auch Schauspieler, die Geschichten vom wilden, wilden Westen noch aus erster Hand kennen. Die grundsätzlichen Probleme am Set klingen jedoch ähnlich wie man sie aus der aktuellen Presse kennt. Produzenten ärgern sich mit Stars – und solchen, die gerne welche wären – herum. Das Geld ist immer knapp und jeder verlorene Drehtag kostet ein Vermögen. Es fällt dem Leser also leicht, sich ein solches Umfeld vorzustellen. Die Probleme sind ohne die Mittel der modernen Kommunikation jedoch deutlich schwieriger zu bändigen, der Charakter des Nevada als eine Mischung aus Kopfgeldjäger und Kindermädchen, das auf die Stars und Sternchen angesetzt wird, bereitet da schon viel Spaß. Überzeugend wirkt das Szenario, das die beiden französischen Autoren hier geschaffen haben auf jeden Fall. Splitter-Fans dürften beide Namen bereits durch „M.O.R.I.A.R.T.Y“ bekannt sein. Die Zeichnungen aus der Feder von Colin Wilson unterstreichen das Western-Feeling perfekt, allein das Cover könnte zu den bekanntesten Western passen, tauschte man Nevadas Motorrad gegen ein Pferd.

Ein sehr interessanter Teil von Hollywoods schillernder Historie, entweder nicht allzu bekannt, oder bereits in Vergessenheit geraten. Ausschweifende Parties, hohe Gagen und der Drang etwas Besonderes zu schaffen. Grundsätzlich gar nicht so weit entfernt vom heutigen Hollywood, jedoch erweckt das Ambiente den Anschein von mehr Stil. Weniger schmutzige Wäsche, oder wenn doch, dann wenigstens gut verborgen. Das Genre des Westerns, obwohl kein aktuelles,  ist ja in den letzten Jahren wieder hier und da in Erscheinung getreten. Garth Ennis „Preacher“, Mark Millars „Old Man Logan“ oder Disneys „Der Mandalorianer“ sind da nur einige Vertreter, die sich dieser Elemente bedienen. Man darf gespannt sein, wie es mit Nevada weitergeht, der zweite Band ist für Februar angekündigt.


Leseprobe


NEVADA: Lonestar (Bd. 1), Autor: Fred Duval, Jean-Pierre Pécau, Künstler: Colin Wilson, 56 Seiten, Hardcover, 16,00 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG