„Allein“ hat einen weiten Weg hinter sich. Beeindruckende zwölf Ausgaben lang entwirren die Herren Gazzotti und Vehlmann ihr komplexes Knäuel aus Mystik, Intrigen und großen Gefühlen. Was einst als jugendkompatibles Endzeit-Abenteuer begann, mit zunächst vielleicht unpassend wirkender, aber am Ende doch genial gewählter Funny-Optik ist zu einem sehr komplexem Mystery-Monstrum herangewachsen, dass insbesondere neue Leser und späte Einsteiger mit reichlich Fragezeichen hinterlassen wird.
Trotz der produktionsbedingten, oft sehr langen Wartezeiten zwischen zwei Bänden (der letzte erschien Mitte 2019 in deutscher Übersetzung), weiß der große Handlungsstrang, der sich diesmal auf die gefangene Leila und den diabolischen Imperator Saul konzentriert, seine Leser wieder emotional an die Hand zu nehmen und mitfiebern zu lassen. Eine sehr respektable Leistung, die auch vermeintlich „größeren“ Comic-Produktionen häufig nicht gelingt. Mit den makaberen Arena-Spielen bietet der Band auch durchaus genug Action und Dynamik, um nicht zu einem angestrengten Kammerspiel zu verkommen.
Viel Potential dafür hätte es gegeben, denn kaum eine der 48 Seiten kommt ohne einen Fußnoten-Hinweis auf teils weit zurückliegende Ausgaben aus. Da wünscht man sich auch als eigentlich begeisterter und aufgeschlossener Leser manchmal, dass hier auf Kosten der beachtlichen Komplexität mal die eine oder andere Nebenfigur ein wenig stiefmütterlicher behandelt worden wäre, um den verwirrenden Ablauf ein wenig gefälliger und konsumierbarer zu machen. Das ist aber natürlich Geschmackssache und ein Prinzip, das gerade aufgrund seines weit gestreckten Charakter-Netzes auch viele Freunde und Genießer finden wird.
„Allein“ bleibt spannend und handwerklich klasse, büßt aber auch immer mehr von der Intimität ein, die am Anfang der Reihe so aufregend und prägend war. Die Geschichte entwickelt und verwandelt sich eben stetig in etwas Anderes, Neues und nimmt dabei Bezug auf Vergangenes. Das ist oft anstrengend, aber auch lohnenswert.
ALLEIN: Die Aufständischen von Neosalem (Bd.12), Autor: Fabien Vehlmann, Künstler: Bruno Gazzotti, 48 Seiten, Hardcover, 14,00 Euro, Erschienen im PIREDDA VERLAG
