Alfred Hitchcock. Ein Name, der wohl jedem geläufig ist. Die vorliegende Graphic Novel beschreibt hervorragend, wie aus dem dicklichen, neurotischen Jungen einer der größten Regisseure des zwanzigsten Jahrhunderts wurde. Wie er sich entwickelte, in England erfolgreich wurde und schließlich Hollywood eroberte. Einen Großteil der Geschichte erzählt Hitch, wie ihn seine Freunde nennen, selbst in einem abendlichen Gespräch mit Cary Grant und Grace Kelly (beides berühmte Schauspieler in der Schwarz-Weiß-Ära des bewegten Bildes). Wie er auf die Ideen zu seinen Filmen kam, was ihn ängstigte, aber auch was ihm Spaß bereitete.

Filmhistoriker Noel Simsolo bereitet hier eine wunderbare Perspektive auf den weltberühmten Regisseur, der scheinbar aus dem Nähkästchen plaudert als er während der Dreharbeiten zu „Über den Dächern von Nizza“ den Abend mit seinen Hauptdarstellern verbring, lässt ihn von seiner Kindheit und Jugend berichten. Schnell merkt man wie sehr er unter seiner depressiven Mutter leidet, aber auch für welche Dinge er sich sehr interessiert. Einen einfachen Lebenslauf zu gestalten wäre aber wohl tabellarisch einfacher gewesen, also greift der Autor immer wieder kleine Anekdoten von den Dreharbeiten auf, z.B. Hitchcocks Eigenheit selten Statisten zu verwenden, selbst wenn man seine Schauspieler nur von Weitem oder von Hinten sehen kann. Von Schauspielern hält der Regisseur nur wenig und immer wieder spielt er ihnen Streiche, wie die bekannte Lieferung mehrerer Tonnen Kohle.

Hervorragend ergänzt wird der gebürtige Franzose von seinem Landsmann Dominique Hé, der es versteht die Illustrationen sehr nach einem von Hitchcocks berühmten Filmen aussehen zu lassen. Das reine Schwarz-Weiß mit sehr wenigen Schattierungen und harten Konturen könnte tatsächlich direkt aus Filmen wie „Psycho“ oder „Die Vögel“ stammen.

Eine ausgesprochen unterhaltsame Biografie, die sehr schön Hitchcocks bessere aber auch schlechtere Seiten beleuchtet. Schließlich ist selbst ein Ausnahmeregisseur nicht ohne Fehler. Sehr lustig aber auch nachdenklich wird die Geschichte erzählt, historische Ereignisse wie das Erstarken der Nazis in Deutschland oder der Faschisten in Italien sind gut recherchiert und beeinflussen die Charaktere natürlich in ihrem Tun. Man braucht letztendlich keinen einzigen seiner Filme gesehen zu haben um dieses Werk zu genießen, die eine oder andere Anspielung entgeht einem aber dann natürlich. Wer Gefallen an dem Hollywood-Streifen zu seiner Person mit Anthony Hopkins und Helen Mirren hatte, wird diesen Band lieben. Ein zweiter soll seine Karriere in Hollywood umspannen. Man darf gespannt sein.


Leseprobe


ALFRED HITCHCOCK: Der Mann aus London (Bd.1), Autor: Noël Simsolo, Künstler: Dominique Hé, 160 Seiten, Hardcover, 24,00 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG