„Der Fall Alan Turing“ beschreibt die tragische Geschichte eines jungen britischen Mathematikers während des Zweiten Weltkriegs. Der etwas verschrobene Alan kann ganz gut mit Zahlen und bekommt die Chance seine Talente in den Dienst der Krone zu stellen indem er die verschlüsselten Nachrichten der Nazis dekodiert. Diese verfügen nämlich über die technisch sehr fortschrittlichen Enigma-Maschinen, die in der Lage sind mit geringer Konfiguration extrem gut verschlüsselte Nachrichten zu erstellen. Ist man aber im Besitz dieser Konfiguration, dann lässt sich dieser Prozess ebenfalls sehr schnell umkehren. Turing gelingt es schließlich diesen Algorithmus zu replizieren und die sogenannte Turingmaschine zu bauen. Den Vorläufer aller heutzutage so gängigen Homecomputer, Mobiltelefone oder Smartwatches. Zu Ruhm kommt Alan Turing allerdings erst nach seinem Tod. Das Mathegenie ist nämlich homosexuell, was im England der frühen Vierziger nicht nur gesellschaftlich völlig inakzeptabel war, sondern unter Strafe stand, was für viele von uns heute glücklicher Weise nicht mehr nachvollziehbar ist.

Autor Arnaud Delalande ist mehr „unter anderem“ als Schöpfer von Graphic Novels bekannt. In erster Linie schreibt der in Paris geborene Endvierziger Romane und Drehbücher. Einen gewissen cineastischen Einfluss kann man in der vorliegenden Graphic Novel nicht leugnen, Delalande beginnt die Geschichte mit den Selbstmordgedanken des Protagonisten, die laufende Story wird eher in Form von Rückblicken erzählt. Éric Liberge versteht sich gut darauf, genau in dieses cineastische Horn zu stoßen und den Effekt noch zu verstärken, indem er die verschiedenen Zeitlinien optisch sehr gut definiert. Turings Jugend etwa ist in Blautönen gehalten, Erinnerungen an seine Arbeiten in der „Code and Cypher School“ in leichtem Sepia angehaucht. Die frühe Kindheit wiederum ist sehr minimalistisch in hellen Brauntönen präsentiert. Liberge verwendet auch häufig eine Technik, in der er mehrere Bilder übereinander legt um zum Beispiel zu zeigen, was Turing denkt, oder welche mathematischen Formeln ihm gerade durch den Kopf gehen.

Ein hervorragendes Werk, das zwar Turings Aufstieg zum Helden der Nation zeigt, aber auch wie schnell dieser Ruhm wieder verschwindet wenn man nicht in gesellschaftliche Normen fällt. Erst 2017 wurde Turing offiziell von der Queen begnadigt, mehr als 50 Jahre nach seinem Tod. Nichtsdestotrotz fällt sein Name in praktisch jedem Informatikstudium als der Vater des Computers. So bleibt er dem Unrecht zum Trotze unsterblich.


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DER FALL ALAN TURING, Autor: Arnaud Delalande, Künstler: Éric Liberge, 80 Seiten, Hardcover, 18,00 Euro, Erschienen bei BAHOE BOOKS