Conan, auf der Flucht vor den Pikten, findet eine verlassene Höhle, in die ihm seine Häscher nicht folgen. Schnell erfährt unser Held, wieso das der Fall ist. Parallel dazu attackieren Piraten ein Fort an der Küste, nur um selbst auch von einer anderen Gruppe Piraten angegriffen zu werden. Schnell entspinnt sich eine ungewöhnliche Fantasy-Geschichte, die an mehreren Fronten spielt und geschickt die unterschiedlichen Motivationen der Charaktere einflechtet. Doch was ist eigentlich mit Conan selbst?

Das Nachwort (wie immer bei den Splitter-Adaptionen sehr ausführlich und interessant) beleuchtet hier, wie es überhaupt zu dieser Originalgeschichte kam. Robert E. Howard konnte seine finanzielle Situation ein wenig verbessern und schrieb „Der dunkle Fremde“ ursprünglich gar nicht für seine Conan-Reihe, sondern als eigenständiges Werk. Die Handlung ist komplexer als von den früheren Werken gewohnt, die verschiedenen Piraten spinnen ihre eigenen Intrigen und werden von ihren persönlichen Dämonen verfolgt, was deutlich mehr Raum für Story lässt, als eine einfache „barbarischer Held rettet halbnackte Dame in Nöten“, was ja vorher oft die Titelseite des „Pulp-Magazins“ zierte. Das lässt das Gesamtwerk aber auch etwas interessanter werden. Später erst, als Howard sah, dass der erhoffte Erfolg ausblieb schrieb er seine Geschichte Conan auf den Leib, legte sie dann aber doch zurück in die Schublade, sodass „Der dunkle Fremde“ erst nach Howards Tod erscheinen sollte. Ein ungewöhnliches Original scheint bei Splitter auch ungewöhnlich behandelt zu werden. Der Künstler Jean-Luc Masbou zeigt sich hier für Adaption, Zeichnung und Farben verantwortlich, was ein sehr eigenständiges Werk hervorbringt. Die Zeichnungen sind etwas gröber und schneller, als wir es von früheren Bänden gewöhnt sind, außerdem spielt ein Großteil der Handlung am taghellen Strand oder im Dschungel, was eine etwas breitere Farbpalette ermöglicht, als stundenlanges „durch-Verliese-manövrieren.“ Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade deshalb stellt der vorliegende Band eine willkommene Abwechslung dar und läutet am Ende die Ära von „Conan dem Pirat“ ein.

Splitter veröffentlicht ja auf Basis der von Robert E. Howard ersonnenen Originale, nicht anhand selbst erdachter Geschichten und nimmt somit auch die etwas aus der Norm geschlagenen Titel mit. Da auch bei den Originalen keine bestimmte Reihenfolge ersichtlich ist und nur selten Bände auf vorherigen Geschichten basieren, kann der Leser hier sehr gut nach eigenem Gutdünken über Interesse oder Desinteresse entscheiden und aufgrund der nicht vorhandenen Nummerierung auch gerne den ein oder anderen Band auslassen. Zu empfehlen ist „Der dunkle Fremde“ aber (fast) uneingeschränkt.


Conan: Der dunkle Fremde, Autor und Künstler: Jean-Luc Masbou 64 Seiten, Hardcover, 18,00 EURO, Erschienen im Splitter-Verlag