Akira Yamamoto geht es wie vielen anderen Teenagern in vielen anderen Geschichten. In der Schule herumgeschubst, wünscht er sich zurück schubsen zu können und träumt davon ein großer Karate-Meister zu werden. Was liegt da ferner als sich in einem Karate-Dojo („Schule“,) anzumelden, um Kampfsport zu lernen. Aber da fängt es schon an. Wie blamiert man sich am besten in Etikette-Fragen? Wie spricht man den Trainer richtig an? Wie bindet man den Gürtel korrekt, usw. usw.

The Kyokushin Way“ versucht Akira und den Leser ein wenig in diese fremdartige Welt der Kampfkünste einzuführen, ohne als reines Sachbuch zu langweilen.

Wie der Titel „The Kyokushin Way“ schon verrät, geht es um die Karate-Organisation „Kyokushin Kaikan“ gegründet 1956 von Ōyama Masutatsu. Der vorliegende erste Band behandelt die Techniken des 10. Und 9. Kyu (grob mit Level übersetzbar, runterzählend zum Schwarzen Gürtel – Anm. d. Red.), was Grundstellungen, einige Schläge und Tritte, sowie das korrekte Binden des Gürtels beinhaltet.

Es gibt viele Bücher über Kampfsport, in denen mit Texten und Fotos erklärt wird, wie bestimmte Techniken auszuführen sind. Schön verpackt ist dieser von einem gewissen Standpunkt trockene Stoff nicht nur in ein wertiges Hardcover, sondern auch in die Geschichte des jungen Akira Yamamoto, der seine ersten Schritte auf dem Weg zum Schwarzen Gürtel wagt. Dem Klischee des ungeduldigen Schülers entsprechend möchte Akira natürlich lieber schnell lernen zu schlagen und zu treten, als sich korrekt zu verbeugen oder dieselbe Schlagtechnik immer und immer wieder zu wiederholen. Hinweise auf mögliche oder tatsächliche Fehler beziehungsweise Unsauberkeiten in der Ausführung geben Sensei (japanisch für Lehrer) oder die anderen Schüler. An Dialog fehlt es also nicht. Da der Protagonist Teenager ist, darf es auch an der Liebe nicht fehlen und so trainiert auch Akiras Schwarm Naomi im selben Dojo. Besonders ausführlich wird auf diese sich anbahnende Beziehung nicht eingegangen, wir befinden uns allerdings auch erst in Band 1, da dürfen sich Dinge ja auch erst entwickeln. Als weiterer nennenswerter Handlungsbogen sei hier die Rivalität mit einer anderen Karateschule erwähnt, die als Anlass dient etwas mehr über die Geschichte von Kyokushin Karate und seinem Schöpfer Ōyama Masutatsu zu erzählen.

Meine Erfahrung mit Mangas gestaltet sich eher überschaubar, ,so hatte ich ein wenig meine Mühe mit der ungewohnten Leserichtung von Rechts nach Links, aber nach ein paar wenigen Seiten sollte dieses Problem sich verflüchtigt haben. Womit ich Erfahrung habe sind diverse Kampfkünste, Dojos und dazugehörige „klassische“ Literatur. Mein Fazit also: Dojo-Etikette und Techniken sind verständlich erklärt und gut illustriert, Nachahmung scheint mir gut möglich. Kann man mit so einem Buch Karate lernen? Ich wage zu sagen: Nein. Nur mit einem Buch nicht, dafür braucht es meiner Meinung nach auch einen Sparringspartner sowie jemanden, der einen kritischen Blick auf die Ausführung wirft. Kann mir ein Buch helfen? Unbedingt. Fachbegriffe, Grundstellungen und Übungen sind für den Laien schwer zu behalten, was dieses Buch auch als Nachschlagewerk interessant macht. Anders als Boxen oder auch Brasilianisches Jiu-Jitsu ist  Karate eine sehr traditionelle Kampfsportart, in der nunmal auch sehr viel Wert auf Tradition und Etikette gelegt wird. Die Gliederung der Techniken in feste Level hilft hier natürlich sehr und ich kann mir gut vorstellen vor Gürtelprüfungen den ein oder anderen Band dieser Reihe zur Vorbereitung heranzuziehen.

The Kyokushin Way“ macht für Karate ungefähr das was Jostein Gaarders „Sophies Welt“ für Philosophie macht: Ein komplexes Thema für den Laien gut verständlich anzureißen um das Interesse zu wecken. Für mich persönlich sehr ansprechend ist der Stil in dem die Informationen über Kyokushin Karate transportiert werden, die Geschichte wirkt deutlich lebendiger als ein reines Sachbuch.


THE KYOKUSHIN WAY: The First Belt – 10. and 9. Kyu, Autor: Bernhardt Müller, Künstler: Ihabo Azzamo, 112 Seiten, Softcover, 24,90 Euro, Erschienen bei TAYFUN & MÜLLER