JUDAS

30 Silberlinge – mehr hat es nicht gebraucht, um Judas Iskariot dazu zu bringen, seinen jahrelangen Weggefährten und Messias Jesus zu verraten. Aber schnell plagt ihn das schlechte Gewissen und er endet im Freitod durch einen Strick am Baum. Währenddessen wird der verratene Heiland vom Präfekten Pontius Pilatus zum Tod durch Kreuzigung verurteilt. Nach Vollstreckung beerdigen seine Jünger ihn in einer Höhle und verschließen diese mit einem schweren Stein. Drei Tage später wird der Sohn Gottes auferstehen, um in den Himmel aufzufahren. Aber was passierte eigentlich in diesen drei Tagen mit dem Erlöser und welche Rolle spielt der Verräter Judas dabei? Oder gehörte das alles eventuell zu einem großen undurchdringbaren Plan?

Der erste Eindruck beim Lesen ist ein wenig ernüchternd. Es kommt einem so vor, als hätte Autor Jeff Loveness seine religionskritischen Gedanken in einem leicht konstruierten Plot verpackt, und man erwartet das die Bombe platzt, nur damit sich dann ein Schwall von vernichtenden Urteilen über die christlichen Schriften über den Leser ergießt. Aber genau dabei zeigt der Schreiber ein gewisses Fingerspitzengefühl. Er wirft durchaus viele Fragen auf und hinterfragt beständig die vermittelten Werte und Ansichten hinter der Weltreligion. Das ist aber niemals destruktiv oder will zu sehr vor den Kopf stoßen. Vielmehr erzählt er seine Geschichte in einem versöhnlichen, verständnisvollen Ton und lässt sich nie so recht in die Karten schauen, wie er persönlich zur Bibel steht. Wer sich auf das Buch einlässt erwartet eine Art Roadtrip, der mit dem ein oder anderen Überraschungselement angereichert wurde und eine runde, unterhaltsame Story ergibt.

Auch optisch kann sich dieser Comic wirklich sehen lassen. Künstler Jakub Rebelka erweist ein gutes Gefühl für eine Kombination aus dicken Outlines, präsenten schwarzen Flächen und gedeckten Farben. Dabei beweist er immer ein gutes Gespür für die Situation und unterstreicht unaufdringlich die Atmosphäre der Geschichte.

Alles in allem ist diese Graphic Novel interessant für alle, die sich gerne mit dem Christentum und deren Mythen und Sagen beschäftigen. Man sollte fürs Verständnis ein wenig Grundwissen mitbringen. Aber das ist in unseren Kulturkreisen ja meist zwangsweise vorhanden.