Nach seinem Sieg über den finsteren Vampir-Fürsten Dracula ist Doktor Abraham Van Helsing ein seelisches Wrack. Schlaf und Nahrung sind längst kein so wichtiger Teil seines Lebens mehr wie Morphium. Doch wie so viele Abhängige leugnet der gebrochene Wissenschaftler seine Sucht, begegnet den besorgten Worten seines Hausdieners nur aggressiv und ausweichend. Ein letzter Ausweg könnte Inspector Abberline von Scotland Yard sein, der Abraham aufgrund seines scharfen Verstandes um Mithilfe bei der Aufklärung einer undurchsichtigen Mordserie helfen soll. Ein „Jack the Ripper“ getaufter Täter verstümmelt und tötet Prostituierte im verarmten Stadtteil Whitechapel auf bestialische Art und Weise. Wird die neue Aufgabe für Van Helsing ein Ausweg aus dem gefährlichen Sog seiner Sucht sein? Oder ist zu befürchten, dass dieses verstörende Szenario den Wissenschaftler nur noch weiter in den gähnenden Abgrund des Wahnsinns reißt?

Die Verbindung klassischer, literarischer Motive ist ein wichtiger Bestandteil unserer Popkultur geworden. Bereits in Altmeister Alan Moores Comic-Klassiker „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ (verfilmt mit Sean Connery) oder im Familien-Trickfilm „Hotel Transsilvanien“ wurden viele klassische Roman-Charaktere wie Dorian Grey, Alan Quatermain oder Mister Hyde oder ikonische Film-Monster für neue Geschichten zusammengeführt. Fantasy-TV-Serien wie „Once Upon A Time“ und „Grimm“ oder Märchen-Comics wie „Fairy Quest“ und „Fiction Squad“ lassen stattdessen volkstümliche Märchenfiguren auf „Alice im Wunderland“ oder die kleine Dorothy aus dem „Zauberer von Oz“ aufeinander treffen.

Diese Fantastik-Crossover sind die ideale Bühne um mit den Erwartungen der Zuschauer oder Leser zu spielen. Genau diesen Weg geht nun auch Szenarist Jacques Lamontagne mit „Van Helsing vs Jack the Ripper“. Ähnlich wie in Alan Moores legendärer Graphic-Novel „From Hell“ wird auch im Splitter-Doppelband das Urteilsvermögen eines Ermittlers durch seine Drogensucht getrübt. Allerdings ist es Vampirjäger Abraham Van Helsing, der vom Morphium vernebelt den Blick auf alle wichtigen Indizien zu verlieren scheint. Trotz der ganz offensichtlichen Inspiration durch den mit Johnny Depp in der Rolle des Inspector Abberline verfilmten Klassikers präsentiert sich die abgeschlossene Geschichte deutlich griffiger und kurzweiliger. Sie bietet so eine zwar künstlerisch deutlich weniger tiefe, dafür aber auch wesentlich leichter zugängliche Alternative zu Moores Monumental-Werk.

Dank sorgsam ausgelegter, falscher Fährten, charmanter Retro-Optik und eines schockierenden Finales ist „Van Helsing vs Jack the Ripper“ ein spannender Lesehappen für Freunde klassischer Detektiv-Geschichten und alle Verschwörungstheoretiker, denen die bisherigen „Jack the Ripper“-Theorien nicht abwegig genug waren.

  • Van Helsing vs Jack the Ripper
  • Autor – Jacques Lamontagne
  • Künstler – Bill Reinhold,  Sinisa Radovic
  • 96 Seiten
  • Hardcover-Album
  • 19,80€
  • Erhältlich bei Splitter

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