Marokko, Oktober 1932: Eine Gruppe von Abenteurern, angeführt von den Brüdern Sheldon und Walter tritt eine Reise zu einer geheimnisvollen Insel an, die Sheldon zu „rufen“ scheint. Amerika befindet sich mitten in der Wirtschaftskrise, die Menschen fühlen sich schutz- und hilflos. Niemand weiß genau weshalb, aber die Reisenden kehren verändert von der Insel zurück. Sie haben unterschiedliche, besondere Fähigkeiten. Und diese nutzen manche von ihnen fortan im Dienste der Menschheit, manche für ihre eigenen Zwecke.

Los Angeles, 81 Jahre später: Sheldon, der sich nun der „Utopian“ nennt und sein Bruder Walter haben eine Dynastie von Helden hervorgebracht, die sich dem Dienst an der Allgemeinheit verschrieben hat. Aber die heile Welt bröckelt. Utopians Kinder führen das Leben von Rockstars, nicht von Helden. Ihr Leben ist bestimmt von Drogen, Exzessen und Rebellion gegen die Ideale ihres scheinbar perfekten Vaters. Dieser Konflikt bietet idealen Nährboden für Walter, der nicht länger wie Sheldon den Menschen dienen, sondern sie telepathisch unterwerfen will. 

Der schottische Starautor Mark Millar (Wanted, Kingsman, Kick-Ass, Civil War) schafft gekonnt den Spagat zwischen intelligenter Seifenoper und bluttriefendem Shakespeare-Pathos. Nicht etwa, weil die grundsätzlichen Ideen wie Walters Gottkomplex oder die Verfolgung und Ächtung von Superhelden frische Ideen wären. Was „Jupiter’s Legacy“ zu etwas ganz Besonderem macht ist, wie selbstverständlich Millar hier die X-Men mit Hamlet durch den Fleischwolf dreht. Um etwas entstehen zu lassen, dass seinen typischen, augenzwinkernden Zynismus aber auch ganz viel zeitlose Klasse ausstrahlt, sich dabei aber absolut eigenständig und neu liest.

„Jupiter’s Legacy“ lebt überwiegend von seinen authentischen Figuren und Dialogen. Wer einen Action-Marathon erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Aber wenn es zur Sache geht, dann auch richtig. Millar hat noch nie an Gewalt gespart, also finden sich auch in „Jupiter’s Legacy“ heftige Konfrontationen. Allerdings viel punktueller und intensiver, als in Heldencomics üblich.

Das großartigste Skript hilft allerdings nicht viel, wenn die Optik eines Comic nicht stimmt. Dankenswerter Weise sind die Bilder in „Jupiter’s Legacy“ atemberaubend. Frank Quitely, der zum Beispiel für Grant Morrisons „We3“, „Allstar Superman“, „New X-Men“ oder „Batman and Robin“ sein Talent unter Beweis stellen durfte, hat einen ganz unverwechselbaren Stil. Extrem detailliert, dezent unruhig und manchmal etwas statisch hat man immer den Eindruck, ein historisches Kunstwerk in den Händen zu halten, statt eines glatten Hochglanz-Helden-Comics. Wenn dann doch mal die Fäuste, Autos oder Öltanker durch die Luft fliegen, dann zeigt Quitely, dass er mühelos und effektvoll Druckwellen und brennende Trümmer auf den Leser regnen lassen kann.

Der erste Band von „Jupiter’s Legacy“ ist in jeder Hinsicht perfekt. Wer schon immer auf eine Gelegenheit gewartet hat, seinen Freunden nach dem Kinobesuch stolz sagen zu können, dass die Comics besser waren – Hier ist die Gelegenheit. Denn es neben „Chrononauts“, „Superior“ und „Starlight“ könnte auch „Jupiter’s Legacy“ in einigen Jahren ein waschechter Hollywood-Blockbuster sein.

  • Jupiter’s Legacy 1 – Familienbande
  • Autor – Mark Millar
  • Künstler – Frank Quitely
  • Original-Stories – Jupiter’s Legacy 1-5
  • 140 Seiten
  • Softcover (broschiert)
  • 16,99€
  • Erhältlich bei Panini

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