CAPTAIN AMERICA: White

Der experimentell verbesserte Soldat Steve Rogers soll während des zweiten Weltkriegs nicht nur schlagkräftig gegen die Nazis austeilen, sondern dient als maskierter „Captain America“ auch der Motivation der eigenen Truppen und der Demoralisierung des Feindes. Obwohl Steves guter Freund Bucky nur wenige Jahre jünger ist, wirkt er neben dem blau-weiß-roten Steroiden-Adonis wie ein zartes, verletzliches Kind. In „CAPTAIN AMERICA: WHITE“ erinnert sich Steve Rogers an eine Mission im besetzten Frankreich. Und erinnert sich auch daran, wie er schon damals hätte wissen müssen, vielleicht sogar verhindern können, dass James „Bucky“ Buchanon so jung sein Leben lassen musste.

Dass eng verbundene Dream-Team aus Star-Autor Jeph Loeb und seinem Freund Tim Sale ist Garant für vielschichtige, intelligente und emotionale Superhelden-Geschichten. Geschichten jenseits vom dumpfen Dauerbombardement immer neuer, haarsträubender Superhelden-Reinkarnationen die vor allem Wasser auf die Merchandise-Mühlen gießen und ordentlich Moneten in die Schatzkammer des Verlages beziehungsweise der Konzernmutter spülen sollen. Egal ob „BATMAN: Das lange Halloween“, oder ihre vorherigen, gefühlvollen „Color“-Bände (SPIDER-MAN: BLAU, DAREDEVIL: GELB, HULK: GRAU) bestechen die grafischen Erzählungen der beiden Amerikaner durch ungeahnte Klasse und optische Eigenständigkeit entgegen jedem Trend.

Wie feinsinnig, unterhaltsam und überzeugend die komplexe, emotionale Beziehung der beiden ikonischen Figuren dabei geschildert wird, verkommt fast zur Nebensache, angesichts der Wärme und der sorgfältig und geschmackvoll platzierten Pointen vor denen der Band strotz. Und das ausgerechnet in einem Comicbuch, dass einen Superhelden im US-Flaggen-Outfit gegen Nazis ins Feld führt, von dem man also vermutlich eher Trash und Action als Kunst und Gefühl erwartet hätte.

„WHITE“ gehört wie eigentlich jeder Band der beiden Künstler in eine gut sortierte Comic-Sammlung und ist als Geschenk ein hervorragender Eisbrecher für diese intellektuellen Freunde, die in Superhelden-Comics noch immer nur Pop statt tatsächlicher Kultur sehen…