Durch ein rätselhaftes, kosmisches Phänomen werden all die alternativen Dimensionen des Marvel-Universums zur feindseligen „Battle World“ verschmolzen, in der unzählige Varianten gestandener Helden und Schurken unter den wachsamen Augen ihres Gottkaisers Victor von Doom um ihre territorialen Ansprüche in dieser feindseligen Welt oder einfach nur um das nackte Überleben kämpfen. Egal ob ein alter, verbitterter Logan aus einem endzeitlichem Amerika, oder ob der vorlaute Miles Morales, seines Zeichens der „ultimative“ Spider-Man. Jeder hat eine neue, ungewohnte Rolle in einer neuen Welt.

Sind wir mal ehrlich. Spannend klingt anders. Wer durch Kinofilme seinen Weg zu den Comic-Ursprüngen seiner Lieblingshelden findet, der erwartet wohl häufig ähnlich epische und bombastische Unterhaltung, wie die Marvel-Studios sie auf der Leinwand zuvor versprechen. Der einst in den Neunzigern eskalierte Remix-Wahnsinn ist grundsätzlich ein Symptom für die mangelnde Innovation und Sinntiefe, die man den Heldenheftchen seit Jahrzehnten nachsagt. Manchmal völlig zurecht, manchmal aber auch nicht.

Auch wenn die ursprünglich in Neun Heften und nun als Sammelband veröffentlichte „Secret Wars“-Reihe die Grundlage für jede Menge hanebüchenes Super-Gekloppe liefert, überrascht die Storyline durch eine fokussierte, spannende Erzählweise und ansprechende Edel-Optik. Natürlich ist der heitere, multidimensionale Mischmasch ein furchtbar abgedroschenes Konzept, um den Status Quo eines Capeträger-Olymps aufzubrechen. Ganz egal, ob das nun bei Marvel oder den Kollegen von DC passiert, ob man es „Marvel Now“, die „New 52“ oder „Rebirth“ nennt. Vielleicht wirkt „Secret Wars“ gerade deshalb so rund und überzeugend, weil man hier ganz elegant und geschmackvoll etwas zelebriert, das Jahrzehntelang mit dem Marketing-Holzhammer in die Köpfe der Leser gedroschen wurde.

Gerade die zwiespältige Beziehung zwischen dem „göttlichem“ Doom und seinem innerlich zerrissenem Sheriff Stephen Strange zeigt gleich zu Beginn der Saga, wie radikal aber auch zielsicher ikonische Charaktere für die Storyline umgeschrieben wurden. Nach „Original Sin“ findet sich hier ein weiterer, hochkarätiger Crossover-Auftakt, der auch ganz hervorragend für sich allein steht und weitestgehend auf aggressives und plumpes Marketing der Nebenserien verzichtet. Vorbildlich.


SECRET WARS (Sammelband)
Autor: Jonathan Hickmann
Künstler: Esad Ribic
316 Seiten
Softcover
19,99€
Erschienen bei Panini