Nach der Bruchlandung auf einem fremden Planeten hat Abram Pollux keinerlei Erinnerung an sein Leben vor dem Crash. Die wenig kommunikativen Bewohner einer trostlosen Bergbausiedlung, ausgesprochen seltsame und oft feindselige Fauna und die furchteinflößenden „Wheeler“ gehören zu den wenigen Lebewesen in den weitläufigen Wüstenlandschaften des ungastlichen Sterns. Endlich scheint Abram an seinem Ziel, der Erkenntnis über seine Vergangenheit und sein bevorstehendes Schicksal angekommen zu sein…

Drifter“ hat unter Kritikern und Lesern tatsächlich nicht nur Freunde gefunden. Das ist aber keineswegs der erzählerischen und visuellen Qualität der angenehm entschleunigten Scifi-Mystery geschuldet, sondern vielmehr neuen Lesegewohnheiten und im Zeitalter der fiepsenden, blinkenden Mobildisplays stark verringerten Aufmerksamkeitsspannen. An der Begabung von Künstler Nic Klein aus Kassel gibt es ja ohnehin objektiv nichts zu rütteln. Man wird nicht ohne Grund als Zeichner der neuen „Deadpool“-Hauptserie aufgestellt, dem momentan sicher lukrativsten Rennpferd in Marvels Superheldenstall.

Ivan Brandons Finessen in „Drifter“ sind weniger offensichtlich und erfordern Ruhe und Zeit, um sich davon zu überzeugen. Wo andere Mystery-Stories im Comicbereich nach der etablierten TV-Formel vorgehen, dem Leser mit jeder Veröffentlichung ein neues Stückchen vom Informationskuchen mundgerecht portioniert vor die Füße zu spucken, belässt der amerikanische Autor einen beachtlichen Teil der Mysterien hinter „Drifter“ bis zuletzt im Verborgenen. Wer sich auf diese erstmal archaisch anmutende Form des Genres einlässt, der wird zu Genüge belohnt. Nicht nur mit Nics aufwändigen Malereien, sondern auch mit sehr subtiler und oft wortloser Kommunikation seiner Protagonisten, wie wir sie vor allem aus klassischen Western-Filmen kennen. Die waren schließlich eine ganz offensichtliche Inspiration für Abrams Suche nach seiner Vergangenheit und es würde heute wohl kaum jemand auf die Idee kommen, „Spiel mit das Lied vom Tod“ für seine geringe Dialogdichte zu tadeln.

„Drifter“ verfügt über einen tatsächlich sehr weiten Spannungsbogen, was der nun abgeschlossenen, vierbändigen Reihe aber inhaltlich so viel Stil und Klasse verleiht, dass sie ihren tollen Bildern vollends gerecht wird.


Lessprobe


Drifter Ruinen CoverDRIFTER: Ruinen (Bd. 4)
Autor: Ivan Brandon
Künstler: Nic Klein
128 Seiten
Hardcover
25,00 Euro
Erschienen bei CROSS CULT