Eine Trümmerwüste, nur Staub und letzte, herunterbrennende Flammen. Die Frage, wie in einer leider real immer wahrscheinlicheren, postapokalyptischen Welt das sonst so bunte und hoffnungsvolle Leben vieler Superhelden wohl aussähe ist heute ein großes Thema. Vor allem seit der schottische Autor Mark Millar mit seiner „Old Man Logan“-Story das düster-deprimierende Ende des beliebten Marvel-Raubeins „Wolverine“ vorlegte und damit sogar ein eigenes Marvel-Paralleluniversum begründete, in dem sich heute so namhafte Autoren und Künstler wie Jeff Lemire und Andrea Sorrentino austoben dürfen.

Als ganz offensichtliche Persiflage auf genau diesen modernen Klassiker (eigentlich ein in sich abgeschlossener, dramatischer Western) ist nun „Old Lady Harley“ erschienen. Die moderne, trotz ihres Alterns unvermeidlich nach wie vor sehr wohlgeformte Harley Quinn verteilt hier aber nicht nur zahlreiche Seitenhiebe auf die Verlags-Konkurrenz, sondern zitiert vor allem ihre eigenen, noch sehr jungen Nebencharaktere. Das funktioniert durchaus als wirklich sehr lustiges Special für jene Leser, die sich mit der überdrehten Harley aus der Feder des Comic-Paares Conner und Palmiotti sehr gut auskennen. Der stumme Bieber, der jüdische Cyborg namens Sy Borg und viele andere groteske Nebenfiguren aus diesem innerhalb des DC-Universums fast immer alleinstehendem Mikrokosmos waren für sich schon herrlich abstruse Ideen. Grob durch den „Mad Max“-Filter geschossen wird es eben noch ein bisschen abgefahrener und bekloppter.

Schade ist daran nur, dass „Old Lady Harley“ so eben nur eine lange, lustige Sonderausgabe des bewährten Comedy-Prinzips geworden ist. Das dramatischer und ernster konzipierte Finale ersäuft ganz bewusst in all dem Klamauk und verhindert völlig, dass außer der unterhaltsamen Aneinanderreihung von Insider-Gags, die oft viel Vorwissen aus beiden Verlagen erfordern ohne einen für neue Leser gut sichtbaren, roten Faden auskommt. Vielleicht unternimmt man bei DC in Zukunft ja nochmal einen zweiten Versuch, sich an diesem tollen Konzept zu bedienen, schreibt dann aber erstmal einen spannenden Plot, bevor man die vielen noch so gut gemeinten Witze aufschreibt und ausgestaltet.


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OLD LADY HARLEY, Autor: Frank Tieri, Künstler: Inaki Miranda, Künstler: Mauricet, 148 Seiten, Softcover, 16,99 Euro, Erschienen bei PANINI