Ein letztes mal erschienen kürzlich im Dantes Verlag gleich zwei Bände von „Usagi Yojimbo“ mit nicht zusammenhängenden Nummern. Während Band 14, „Die Dämonenmaske“ die regulär fortschreitende Veröffentlichung neuer deutscher Übersetzungen der japanischen Folklore-Fabel darstellt, schließt Band 7 die Lücke zwischen erst bei Dantes erschienenen und zuvor bereits durch Carlsen oder Schwarzer Turm veröffentlichten Geschichten. Statistikfans und nun verwirrte Freunde des „Ronin-Rammlers“, wie er stimmig im Umschlagtext getauft wurde, erhalten auf der Verlagsseite eine gewohnt akribische und liebevolle Detailliste, die wirklich keine Fragen offen lässt.

Inhaltlich begeistern beide Bände mit einer ausgewogenen Mischung aus einzeln lesbaren und doch immer stimmig ins große Epos integrierten Einzelabenteuern und mehrere Episoden umfassenden Haupt-Stories, die je auch den Titel und das Cover für den jeweiligen Sammelband lieferten. In „Gen“ erfahren wir endlich mehr über eine der beliebtesten Figuren aus Künstler Stan Sakais so stimmungsvoller wie sympathischer Comic-Aufarbeitung japanischer Mythen und Legenden. Hinter dem verschlagenen Kopfgeldjäger Murakami Gennosuke verbirgt sich nämlich weit mehr, als das streitlustige Schlitzohr, das er vordergründig zu sein scheint. Überraschender Weise eine der gefühlvollsten und intensivsten Usagi-Stories, mit wirklich starken Momenten und exzellenter Charakterentwicklung, die jeden Leser in den bislang kaum begründbaren Sympathien für das großmaulige Nashorn bestätigen wird.

Alle Stories in „Dämonenmaske“ haben miteinander gemein, dass sie zumindest auf den ersten Blick stets eine übersinnliche Komponente zu haben scheinen. Die gab es in den Abenteuern des langohrigen Schwertkämpfers zwar immer mal wieder, den Löwenanteil bildeten aber stets zumindest lose auf historischen Tatsachen basierende Geschichten aus der japanischen Folklore. Die Hauptstory „Dämonenmaske“ ist aber vor allem ein toll erzählter Krimi, bei dem Miyamoto Usagi einem maskierten Serienkiller auf der Spur ist, der es vor allem auf herrenlose, wandernde Samurai wie ihn selbst abgesehen hat.

Die deutsche Bearbeitung der gefeierten und prämierten Samurai-Saga ist ein absolutes Musterbeispiel. Handgeletterte Titel werden tatsächlich auch hübsch von Hand auf deutsch getuscht, als hätte Meister Sakai selbst noch einmal die Feder geschwungen. Die Anmerkungen und Erklärungen japanischer Begriffe sind im direkten Vergleich deutlich ausführlicher als in der ursprünglichen, englischsprachigen Fassung. Das ist Gold wert, da man als Leser Sinnzusammenhänge nicht erst nachschlagen will und sich so nie der dichten und überwiegend sehr ernsten Atmosphäre entzieht, die durch die eigentlich doch so knuddelig und witzig wirkenden Charaktere aufgebaut wird. Dass sich diese ausführlichen Anmerkungen dann einmal mit einer Seitenzahl beißen kann man daher auch leicht verzeihen.

Wer Comics generell, japanische Legenden und Kultur oder einfach nur dicht erzählte Geschichten mag, für den führt kein sinnvoller Weg an „Usagi Yojimbo“ vorbei. Es ist eine dieser verdammt seltenen Serien, die sich trotz ihrer Eigenständigkeit, obwohl es eigentlich kein echtes „Konkurrenzprodukt“ gibt nicht nur über einen extrem langen Zeitraum gehalten hat, sondern die von Anfang an sehr hohe Qualität auch konsequent beibehalten konnte. Lesen. Jetzt.


USAGI YOJIMBO (Bd.7): Gen, Autor & Künstler: Stan Sakai, 188 Seiten, Softcover, 17,95 Euro, Erschienen im DANTES VERLAG


USAGI YOJIMBO (Bd.14): Dämonenmaske, Autor & Künstler: Stan Sakai, 232 Seiten, Softcover, 20,95 Euro, Erschienen im DANTES VERLAG