Jack London war der beste britische Geheimagent. Bevor er im Einsatz gefallen ist, konnte er seinen Neffen Gary „Eggsy“ ausbilden und in die verborgene Welt der Anzüge, Superwaffen und Geheimaufträge einführen. Der Straßenjunge und Raufbold konnte sich aber nie richtig mit dem einhergehenden Verhaltenskodex als waschechter Gentleman arrangieren und ist als Störenfried unter den Agenten bekannt. Als er dann noch einem Mitglied der Königsfamilie einen Kinnhaken verpasst, wird er auf unbestimmte Zeit beurlaubt. Als kurz darauf die Nationen der Erde durch „Red Diamond“, einen durchgeknallten Diamantennarren, bedroht werden, kehrt der aufmüpfige Nachwuchsagent im Alleingang zurück.

Im Jahr 2004 gründete der schottische Ausnahme-Autor Mark Millar sein eigenes Label „Millarworld“. Seitdem veröffentlicht er unter dieser Flagge eigene Projekte wie „Kick-Ass“, „Wanted“ oder auch „Kingsman“, auch wenn einige davon zuvor bei anderen Herausgeber erschienen sind. Das gibt ihm die 100-prozentige Kontrolle sämtlicher Rechteverwertungen seiner Werke. Egal ob einer dieser Titel verfilmt oder anderweitig vermarktet werden soll, der Erfinder muss stets seine Zustimmung geben.

Mit „Jagd auf Red Diamond“ ist eine Fortsetzung der satirischen Agenten-Lektüre „Kingsman: Secret Service“ erschienen. Dieser Nachfolger wurde aber nicht vom Schöpfer selbst geschrieben, Millar hat den Staffelstab an Autor Rob Williams weiter gereicht. Dieser ist den meisten wohl durch seine Arbeit an der „Suicide Squad“-Reihe ein Begriff. Schon der erste Kingsman-Band war nicht gerade mit feinfühligem Humor gespickt. Meist direkt und unsanft wird der Leser direkt auf die Pointen gestoßen. Williams schafft es, dies noch zu übertreffen und verteilt die flachen Witzen mit vollen Händen und hämmert Sie dem Fan regelrecht ins Gesicht.

Der Autor bringt einige schöne Aspekte in der Agenten typischen Story unter, die beim Lesen an klassische „James Bond“-Streifen erinnern. Dazu gehört zum Beispiel ein besonderer Tick dem die Gegenspieler nachgehen oder ganz besonderes Geheimversteck als Unterschlupf für die Bösewichte. Ein wenig wird der Lesespaß getrübt, sobald es sich um die Hauptfigur Eggsy dreht. Obwohl der Schreiber sich direkt zu Anfang der Erzählung eine wunderbare Vorlage für eine intensive Charakter-Entwicklung vorbereitet, schafft er es nicht, diese zu vollführen. Dadurch kommt das Gefühl auf, der Protagonist tritt auf der Stelle und endet dort, wo die Geschichte angefangen hat. Schade, da wäre deutlich mehr drin gewesen.

Alles in allem bekommt der Leser hier genau das, was er erwartet, wenn er einen der beiden Kinofilme gesehen oder den Vorgänger gelesen hat. Übertriebene Agenten-Action mit Hang zu flachem, oft schwarzem Humor. „Red Diamond“ unterhält sehr gut. Sollte die Handlung zukünftig fortgeführt werden, wäre es schön, wenn das Korsett gelockert wird und dadurch Veränderungen Einzug halten würden.


KINGSMAN: Red Diamond (Bd. 2), Autor: Simon Fraser, Künstler: Rob Williams, 156 Seiten, Softcover, 17,00 Euro, Erschienen bei PANINI