Einst lebten Menschen im Einklang mit Elfen, Kobolden, Leprechauns und vielen anderen Wesen. Aber mit der Zeit vereinnahmten „die Großen“ immer mehr Platz. Sie plätteten Wiesen und Wälder, um Häuser, Autobahnen und andere Bauwerke zu errichten. Auch vergaßen sie darüber hinaus ihre mystischen Mitbewohner. Diese sahen nur noch eine Chance, um zu überleben: Eine Flucht in die nächste Stadt. Im Herzen von London, in einer verlassenen U-Bahn-Station direkt unter einem ehemaligem Sex-Shop liegt „Vermintown“. Zweifelnd, ob die alten Traditionen noch einen Wert haben, geben sich hier viele den Drogen, erotischen Abenteuern und anderen Sünden hin. Mittendrin die Familie „Leveret“, die versucht, ihren Ritualen treu zu bleiben und nicht in diesem Sumpf aus Lügen und Verführung zu versinken.

Wer an Elben denkt, sieht automatisch süße Zwielichtgestalten mit Glitzer und Flügeln vor seinem inneren Auge. Mit diesem Klischee bricht Autor Simon Spurrier vollständig, aber nicht, ohne zumindest damit zu kokettieren. Die Welt, die er hier erschaffen hat, ist düster, räudig und faszinierend zugleich. Dabei schreckt er vor fast keinem Tabuthema zurück und ist dabei häufig ein wenig expliziter als notwendig. Über all die schockierenden Elemente vergisst er aber niemals die spannende Story um die zerrüttete Sippschaft weiter zu spinnen. Wer schon einmal die TV-Serie „Shameless“ gesehen hat, der weiß um die Faszination dieser ganz besonderen Mischung.

Die Bilder dieses urbanen Thrillers stammen von German Erramouspe. Besser hätte die Wahl auch nicht ausfallen können. Der geübte Künstler findet das passende Gleichgewicht zwischen zierlichen Fabelwesen und schmutziger, verkommener Großstadt. Lediglich bei den Hintergründen wünscht man sich manchmal ein paar mehr Details. Diese fehlen nicht immer, aber auffallend häufig.

Jens R. Nielsen, der Haus- und Hof-Übersetzer vom „Dantes Verlag“, liefert wieder einen hervorragenden Job ab. Wie schon in früheren Veröffentlichungen, zum Beispiel bei „Outlaw Nation“ behält er wichtige Slang-Begriffe in Dialogen bei und erklärt alles ausführlich im angehängten Glossar. „Disenchanted“ ist nichts für schwache Nerven. Leser, die kein Problem mit Sex, Drugs & Elbenblut haben, werden großen Spaß mit dieser Reihe haben. Der zweite und letzte Teil soll bereits im Oktober erscheinen.


Leseprobe


DISENCHANTED (Bd.1), Autor: Simon Spurrier, Künstler: German Erramouspe, 164 Seiten, Hardcover, 22,00 Euro, Erschienen im DANTES VERLAG