INS KALTE WASSER

Die meiste Zeit ihres Lebens verbrachte Yvonne gemeinsam mit ihrem Mann in dem großen Haus mit einem wunderschönen Garten. Dort haben sie ihre Kinder großgezogen und sind glücklich alt geworden. Jetzt ist sie schon eine Weile alleine und merkt die Jahre spürbar. Nach und nach wird ihr bewusst, dass sie nicht mehr so gut zurechtkommt. Auch die Verwandtschaft hat nicht immer die Möglichkeit, um sie zu unterstützen. Der Umzug in das Altersheim ist unausweichlich. Schweren Herzens verkauft sie ihr Heim und begibt sich in ihr vermutlich letztes Abenteuer. Dabei lernt die toughe Rentnerin allerhand Leute kennen, stiftet Senioren-Aufstände an und versucht auf den letzten Metern noch mal bestmöglich das Leben zu genießen.

„Ins kalte Wasser“ ist ein bittersüßes Buch. Auf der einen Seite scheint die Protagonistin verzweifelt, einsam und unsicher, wie sie ihren Lebensabend verbringen soll. Auf der anderen Seite erleben wir eine Frau, die neue Freunde findet und sich alle Mühe gibt, um die Welt für alle ein wenig besser zu machen. Autorin Séverine Vidal gelingt dabei ein toller Spagat zwischen melancholischen, ruhigen Momenten und herzerwärmenden Humor. Die Geschichte deckt gekonnt auf, welche Ängste mit einem solch starken Lebenswandel einhergehen, aber auch, welche Chancen sich einem Menschen durch den gewagten Schritt eröffnen.

Zeichner Victor Pinel pflegt einen klassischen frankobelgischen Stil. Mit großen Detailreichtum präsentiert der Künstler seine Figuren und schreckt dabei auch vor Nacktheit nicht zurück. In Kombination mit warmen Farben entsteht so ein ansprechendes Gesamtbild, das die Atmosphäre geschickt unterstreicht, aber nicht aufdringlich daher kommt.

„Ins kalte Wasser“ ist eine fiktive „Slice of Life“-Geschichte, die sich mit einem Abschnitt beschäftigt, mit dem sich die meisten nicht gerne auseinandersetzen. Dabei hält sich der Comic nicht zurück und zeigt schonungslos alle Facetten, aber nicht ohne eine gewisse Prise Kitsch hinzuzufügen. Absolut lesenswert. Wir werden ja alle nicht jünger.