Der junge Jim Hawkins ist unzufrieden mit seinem Leben. Seine Eltern betreiben ein Gasthaus an der englischen Küste und er langweilt sich tagaus, tagein. Sein Herz gehört der See, er möchte Abenteuer an Bord eines der großen Schiffe erleben, mit Piraten und der wilden See kämpfen. Eines Tages taucht der alte Seemann Billy Bones in der Herberge auf und bringt Geschichten aus Jims Traumland mit. Aber nicht nur das. Auch eine Karte und eine Reihe zwielichtiger Gestalten, die eben diese suchen.

Szenarist und Zeichner Sébastien Vastra schaffen es eine wunderbare neue Interpretation der altbekannten und vielzitierten Erzählung der „Schatzinsel“ zu präsentieren. An der Geschichte selbst wird nicht viel geändert. Die grobe Handlung ist wie in Robert Louis Stevensons Roman von 1882. Hier und da werden ein paar Details hinzugefügt und der neuen Art von Protagonisten angepasst. Bei diesen handelt es sich nämlich um anthropomorphe Tiere, wie man sie von Usagi Yojimbo oder Micky Maus kennt. Hier hat Vastra extrem darauf geachtet die Rollen so gut wie möglich zu besetzen. Der alte Seemann Billy Bones zum Beispiel ist ein Walross, die Piraten eher wilde Tiere wie Haie und Krokodile. Selbstverständlich wird der Pirat, den man nur als den „Schwarzen Hund“ kennt von einem schwarzen Hund verkörpert. Die Buchvorlage bietet nur eine Handvoll Charaktere, die auch mit Namen genannt werden, ebenso wie die Disney-Verfilmung von 1950. Diese sind aus heutiger Sicht etwas zweidimensional und tragen ihre Charaktereigenschaften offen zur Schau. Film hatte damals noch viel Gemeinsamkeiten mit Theater und musste plakativ sein. Diesen Umstand macht sich Vastra zunutze und „besetzt“ sein Rollen mit Tieren, denen man eben die jeweiligen Charaktereigenschaften zuordnen würde. Der blinde Pew zum Beispiel wird durch einen Geier verkörpert, Long John Silver durch einen Gorilla, da er über enorme Kraft verfügt und Jim Hawkins selbst durch einen jungen Löwen, wegen seines Mutes. Manche Szenen passt er wiederum an die tierische Repräsentation an oder schmückt das Original ein wenig aus. Das funktioniert aber dermaßen organisch, dass es nicht die Spur auffällt.

Die 184 Seiten vergehen wie im Fluge, derart packend ist die Story und auch optisch unterstreicht jedes Panel die Szene.

Eine absolut gelungene Adaption einer wirklich alten, aber zeitlosen Vorlage. Sowohl für Fans von Abenteuer-Romanen als auch einfach nur am Rande Interessierten eigentlich unumgänglich. Für die 35€ bekommt man hier wirklich viel geboten.


Leseprobe


JIM HAWKINS, Autor und Künstler: Sébastien Vastra, 184 Seiten, Hardcover, 35,00 EURO, Erschienen im SPLITTER VERLAG