Trish ist eine angesehene Horror-Autorin mit einer großen Fanbase, die ihre Geschichten verschlingen. Diesem aufregenden Leben möchte sie entfliehen, um ein wenig zur Ruhe zu kommen und sich mit ihrer bewegten Jugend auseinandersetzen. Sie macht sich also auf den Weg an den Ort, an dem sie aufgewachsen ist und findet sich vor dem Haus von Jackie, ihrer Freundin aus Kindheitstagen wieder. Gemeinsam haben die beiden „Pen & Paper“-Abende zelebriert, sich über ihre liebsten Autoren wie H.P Lovecraft und Frank Herbert ausgetauscht oder von einer möglichen Zukunft geträumt. Allem voran haben sich die Mädchen aber eine ganz eigene Welt voll unnatürlicher Wesen erdacht. Was wäre, wenn die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit verschwimmen und ihre Fantasien real werden?

Nachdem sie mit ihrem Horror-Mystery-Thriller „Gideon Falls“ Erfolge feiern durften, will das Künstler-Dream-Team es noch mal wissen und hebt den „Bone Orchard Mythos“ aus der Taufe. Unter dieser Flagge sollen diverse Einzelgeschichten aus dem Horror-Genre veröffentlicht werden. Mit jeder dieser Erzählungen fügt sich ein Puzzle-Stück für das große übergreifende Konzept hinzu und entführt den Leser in eine unheimliche, mysteriöse Welt.

Andrea Sorrentinos Artwork ist vielen regelmäßigen Comic-Lesern aus oben genanten Werken bereits ein Begriff. Ein großer Teil des Comics sieht auch gewohnt toll aus. Krakelige, grobe Outlines treffen auch außergewöhnlich verworrene Panelstrukturen, und Fans des Zeichners fühlen sich sofort wieder zuhause. Überraschen kann er in den Szenen, die in der Vergangenheit spielen. Dafür wählt er einen saubereren Strich, der unschuldig und fröhlich daher kommt. Angereichert durch knallige Farben entsteht so ein komplett neues Bild. Wenn die Story sich dann weiter Richtung Gegenwart entwickelt, wandelt sich der Stil und verschwimmt langsam mit den gewohnten Bildern. Dieser Wandel für sich genommen ist schon ein tolles erzählerisches Element innerhalb des Comics.

Der Auftakt zu diesem Erzähluniversum ist mit „Die Passage“ schon außerordentlich gut gelungen. „Zehntausend schwarze Federn“ schafft es nahtlos an die düstere, geheimnisvolle Atmosphäre anzuschließen und bringt dabei noch viel mehr erzählerischen Inhalt mit. Ein erkennbares Gesamtbild will sich trotz kleinen Gemeinsamkeiten aber noch nicht ergeben. Damit sich der Schleier lüftet, werden also noch einige Folgebände nötig sein. Macht aber nichts, bisher ist die Reihe ein toller Tipp für Freunde von ordentlichem Grusel.


Leseprobe


BONE ORCHARD MYTHOS: Zehntausend schwarze Federn (Bd.2), Autor: Jeff Lemire, Künstler: Andrea Sorrentino, 168 Seiten, Hardcover, 29,80 Euro, Erschienen im SPLITTER VERLAG